John Psathas, Bruce Hamilton, Steve Reich und Iannis Xenakis

Gods Rhythms Human

Fabian Ziegler (Perkussion)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Ars Produktion ARS 38583
erschienen in: das Orchester 09/2021 , Seite 89

Spätestens gegen Ende des Studiums stellt sich für junge Musikerinnen und Musiker die Frage, welche Perspektiven es für den persönlichen Berufsweg gibt. Manche streben einen Orchesterplatz an, andere interessieren sich für eine Stelle an einer Musikschule, wieder andere wollen frei im professionellen Umfeld als Solisten und Kammermusiker arbeiten. Für die ersten beiden Gruppen gibt es klar umrissene Anforderungsprofile mit geregelten Verfahren. Sie können sich auf ausgeschriebene Stellen bewerben und mit Qualität und Glück zu ihrem Ziel gelangen.
Für die dritte Gruppe ist das nicht so einfach, hier müssen sich die jungen Talente erst einmal in ihrer Nische – z. B. in der Alten oder Neuen Musik – einen Namen machen. Das geschieht am besten über die Teilnahme an Wettbewerben und die Veröffentlichung einer tönenden Visitenkarte. Eine solche Porträt-CD mit Solo- und Kammermusikwerken von John Psathas, Bruce Hamilton, Steve Reich und Iannis Xenakis hat kürzlich der in der Schweiz ausgebildete Schlagzeuger Fabian Ziegler (*1995) vorgelegt. Ziegler bestreitet den Großteil der CD mit Vibra- und Marimbafon, nur die Komposition Psappha von Iannis Xenakis, das einzig echte Solostück auf der CD, nutzt ein gemischtes Set-up aus Trommeln, Hölzern und Metallklängen.
Die Realisation aller Werke ist technisch und musikalisch virtuos und ausgereift, das Zusammenspiel mit den Kammermusikpartnern und der digitalen Audiozuspielung ist sorgfältig und mit großem künstlerischen Engagement gearbeitet. Alle Beteiligten verstehen ihr Handwerk aufs Beste, die Tonaufnahme der CD legt Wert auf Klarheit, Transparenz und Klangschönheit. Das Booklet stellt die wichtigsten Informationen zu den Kompositionen und Interpreten zur Verfügung.
Das Programm der CD, das auch das einer sehr guten Abschlussprüfung sein könnte, spiegelt auf hohem Niveau den Ausbildungsstand und den Zeitgeist aktueller Schlagzeugklassen an internationalen Musikhochschulen wider. Dort liebt man motorische Bewegungsenergie, minimalistische Tendenzen, jazzige und atmosphärische Klangwelten. Da auch das Publikum in der Regel ein Faible für solche Musik hat, ist es nicht unwahrscheinlich, dass Fabian Ziegler auf seinem künstlerischen Weg weitere Erfolge beschieden sind. Sie sind ihm und seinen Mitstreitern zu wünschen und zu gönnen.
Ich selbst wünschte mir beim Hören zwischen den wunderbar eingängigen musikalischen Flüssen allerdings gelegentlich Störelemente, wünschte mir ein größeres Maß an musikalischer Überraschung und Unerhörtem. Dass das Brechen von Regeln sowie Momente des Innehaltens, Stockens und Stolperns auch zur rhythmischen Lebensenergie gehören, blitzt aber immerhin auf dem letzten Track der CD auf, im Xenakis-Meisterwerk Psappha. Dank dessen hoher kompositorischer und poetischer Qualität sowie der Leistung des Interpreten gelingt hier die Verbindung der Götter mit den Menschen über den Weg des Rhythmus. Der leicht prätentiöse CD-Titel Gods/Rhythms/Human will das wohl ausdrücken.
Stephan Froleyks