Dai Fujikura

Glorious Clouds

for Orchestra 2016/2017, Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Ricordi, Berlin
erschienen in: das Orchester 11/2019 , Seite 65

Der 1977 im japanischen Osaka geborene Komponist Dai Fujikura studierte am King’s College und anschließend am Royal College of Music in London, wo er derzeit auch lebt. Für sein umfangreiches kompositorisches Werk hat er schon einige Auszeichnungen erhalten, unter anderem den „Hindemith-Preis“ beim Schleswig-Holstein Musik Festival 2007, den Wiener Kompositionspreis 2005 und den „Leone d’argento per l’innovazione“ auf der Musik-Biennale in Venedig 2017, bei welchem besonders die zeitgemäßen und kulturverbindenden Eigenschaften der Kompositionen hervorgehoben wurden. Neben den beiden Opern Solaris und Der Goldkäfer hat Dai Fujikura verschiedene Orchesterwerke geschrieben und vor Kurzem sein 4. Klavierkonzert Akiko’s Piano vollendet.
Glorious Clouds wurde unter der Leitung von Péter Eötvös vom WDR Sinfonieorchester Köln am 2. November 2018 uraufgeführt. Es folgten weitere Aufführungen im Januar 2019 im Grande salle Pierre Boulez in Frankreich und im Juli 2019 in Japan durch das Nagoya-Sinfonieorchester unter der Leitung des Widmungsträgers Martyn Brabbins.
Das etwa 18-minütige, in einem Satz durchkomponierte Werk ist für großes Orchester geschrieben. Die einzelnen kontrastierenden Abschnitte gehen fließend ineinander über und sorgen für abwechselnde, teils nachimpressionistische und zumeist klangverfremdete Stimmungen.
Die drei Flöten sollten mit Piccoloflöten gespielt werden, das Schlagzeug ist mit vier Spielern besetzt. In den schwirrenden Klangflächen überwiegen helle, obertonreiche Klangfarben. Beide Vibrafone tremolieren zumeist und die Streicher haben häufige Flageolett-Glissandi. Holz und Blech sind oft als Tremolo, auch auf einem Ton oder bei den Blechbläsern mit den Dämp­fern tremolierend zu spielen.
In der Dichte des Satzes – an manchen Stellen hat die Partitur bis zu 30 Systeme – wirken diese vibrierenden Klanggewebe wie aus einer Zwischenwelt. Die Dynamik atmet fortwährend und ist, neben starken Steigerungen im Fortlauf des Werks, oftmals mit zahlreichen, rhythmisch frei wirkenden Akzentuierungen versehen.
Solch eine Zwischenwelt, wie sie uns die im Titel angesprochenen „herrlichen Wolken“ mit ihren ständigen Bewegungen und Veränderungen ausdrücken, schildert diese Musik als Innenwelt. Sie ist damit weniger äußerlich plakativ, also keine Naturnachahmung, sondern richtet sich eher auf die inneren Prozesse der Wandlung, des Auflebens oder auch der Metamorphose.
Am Ende bleibt nur der Ton gis übrig, der sich aus dem wuchtigen Klang der vier Hörner, der drei Trompeten und Posaunen, alle tremolierend, herausschält, gemeinsam mit den Streichern, Holzbläsern und Vibrafonen bis zum abschließenden dreifachen Forte.
Die farbenreichen Glorious Clouds sind in ihrer genau notierten Textur gut für jedes professionelle Orchester umzusetzen. Die vorliegende Partitur wurde im November 2018 vom Komponisten mit letzten aktuellen Korrekturen versehen.
Christoph J. Keller