Gioachino Rossini
Amor fatale. Rossini arias
Marina Rebeka (Sopran), Julia Heiler (Mezzosopran), Levy Sekgapane (Tenor), Gianluca Margheri (Bariton), Chor des Bayerischen Rundfunks, Münchner Rundfunkorchester, Ltg. Marco Armiliato
Es ist lobenswert, dass diese Einspielung so zumindest deklariert es der Booklettext als eine Art Plädoyer für die starken Frauen in der Oper gesehen werden kann und soll, so doch der Opern- und Musikbetrieb schon immer größtenteils in Männerhand war und weiterhin ist.Rossini liebte bekanntermaßen die sinnlichen Genüsse und billigte den weiblichen Rollen einen hohen Stellenwert in seinen Opern zu. Guido Johannes Joerg beschreibt und erklärt im Booklet anschaulich und ausführlich, was es mit den Heldinnen in den 14 Piècen dieser Einspielung auf sich hat. Hier erfahren wir auch, dass die lettische Sopranistin Marina Rebeka, Hauptprotagonistin der hier vorgestellten Arien, für dieses Album Originalpartituren verwendete und ihre vielseitigen Erfahrungen mit Rossinis Musikwelt dazu nutzte, sie so zu bearbeiten, dass die teilweise selbst entwickelten Koloraturen den emotionalen Gehalt der verschiedenen Rollenbilder noch stärker hervorheben.Dies zeigt das Herzblut, welches in dieser musikalischen Arbeit stecken mag, doch das Ergebnis ist eher enttäuschend: Die mächtigen Frauen, die musikalisch in herrlichen Kantilenen ihr Liebesweh klagen oder als wilde Furien über die Tessituren galoppieren, klingen zuletzt doch ziemlich einfarbig, und auch wenn Marina Rebeka über glasklare Spitzentöne verfügt, so fehlt diese Klarheit ihrer tieferen Mittellage, die über ein etwas verwaschenes Mezzopiano nicht hinaus gelangt.In den ersten Arien verliert die Intonation in Abwärtsbewegungen an Stabilität, was nicht weiter tragisch wäre, wenn Rebeka sich trauen würde, die berührende Schlichtheit, wie sie sie in der Arie Assisa
a pie dun salice anklingen lässt, öfter einzusetzen oder sich im Gegenstück mutiger an die tragischen Momente heranwagte, indem sie dynamisch vielseitiger gestaltet. Die Arien selbst sind kleine feine Kunstwerke, die einzeln gehört mitunter wie besonders ausgewählte Pralinen schmecken. Doch wie auch diese, wenn man mehr als drei bis vier von ihnen vernascht, verlieren die Stücke an Geschmack, so man sie an die 70 Minuten lang hintereinander konsumiert.Hervorzuheben sind einige wirklich gelungene Orchestervorspiele wie in der oben genannten Arie, wenn die Harfe die melancholische Kantilene der Sopranistin eröffnet oder das Orchester leichtfüßig tänzelnd Bel raggio lusinghier aus der Oper Semiramide einleitet und die zauberhaften Harmoniewechsel und Melodie aus Guillaume Tells Ils séloigne enfin intoniert, was neben dem vorletzten, in seiner Tonalität zunächst orientalisch anmutenden Programmpunkt Pour notre amour aus selbiger Oper sicher zu den Höhepunkten der Einspielung zählt. Hier wiegt sich Marina Rebeka in Triolen über das Orchester, bevor dieses pompös die letzte Arie Tanti affetti aus der wenig bekannten Oper La donna del lago einläutet, die der Chor des Bayerischen Rundfunks mit energiegeladenem vollen Klang würzt.
Kathrin Feldmann