Ger­shwin

Piano meets Percussion

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Preiser Records PR 91226
erschienen in: das Orchester 05/2013 , Seite 73

„Dann will ich bei Ihnen studieren“, antwortete Igor Strawinsky George Gershwin im Hinblick auf dessen beträchtliche Einkünfte, als dieser ihn 1928 in Paris bat, sein Kompositionslehrer zu werden. Obwohl bereits sehr erfolgreich als Komponist, glaubte Gershwin damals, Defizite im klassischen Metier ausräumen zu müssen. Doch alle renommierten europäischen Komponisten, an die er sich wandte, lehnten ab, und Gershwin blieb gottlob ein erstklassiges Original, statt eine zweitklassige Kopie zu werden.
Vor seiner Abreise nach Europa hatte Gershwin von den New Yorker Philharmonikern den Auftrag für ein Orchesterstück bekommen, in Paris sammelte er parallel zu seinen zahlreichen Gesprächen Ideen und Instrumente (Taxihupen) für sein neues Werk, die mit vielen Blechbläsern und einer großen Perkussionsgruppe angereicherte Tondichtung Ein Amerikaner in Paris.
Der österreichische Schlagzeuger Thomas Schindl reduzierte nun mit neuen Arrangements für ein Quartett aus zwei Klavieren und zwei Schlagzeugen diesen Meilenstein des symphonischen Jazz sowie dessen gleichfalls berühmte Vorgänger Rhapsody in Blue (1924) und Concerto in F (1925) auf kammermusikalische Dimensionen. Eine gute Wahl, denn die spezielle Quartettbesetzung, die Béla Bartók 1937 für seine Sonate erfand, eignet sich hervorragend auch für die Darstellung der Werke Gershwins. Die Musik bleibt rhythmisch zupackend und reich an Klangfarben, sie kann in dem einem Augenblick fein und im nächsten massiv sein, dabei in jedem Moment transparent und gut durchhörbar. Für die Kenner der Originale sind die Bearbeitungen natürlich gewöhnungsbedürftig, sie klingen durchweg klassischer als das Original, die Anpassungsleistung beim Hören macht aber Spaß. Stellen Sie sich das Klarinettensolo am Anfang der Rhapsody in Blue doch mal als lässig-cooles Vibrafon-Intro vor.
Die Arrangements werden auf der vorliegenden CD musiziert vom Ensemble „Piano meets Percussion“, bei dem der Arrangeur Thomas Schindl selbst mit seinem Kollegen Flip Philipp von den Wiener Symphonikern das klassische Schlagzeugarsenal aus Stabspielen, Pauken, Trommeln, Becken und Effektinstrumenten bedient. An den Tasten agieren die Pianistinnen Johanna Gröbner und Veronika Trisko, die schon seit Langem im Klavierduo zusammenarbeiten und 2010 Finalistinnen des ARD-Wettbewerbs waren. Die Klangabstimmung der Aufnahme ist sehr ausgewogen, musiziert wird mit Humor, Kontrolle und Präzision – ein echtes Schmankerl, oder besser, schließlich haben wir es mit einem österreichischen Quartett zu tun: ein Gustostückerl erster Güte!
Und ist die Aufnahme von „Piano meets Percussion“ auf der CD schon brillant, so bereitet das Ensemble sicher live bei Konzerten noch mehr Vergnügen. Wenn ich mir ein Konzertprogramm wünschen dürfte, dann wäre der Amerikaner in Paris dabei, kombiniert mit Bartóks Sonate und einer Bearbeitung von Strawinskys Petruschka: himmlisch leicht und teuflisch schwer!
Stephan Froleyks