George Gershwin

3 Preludes

für Oboe und Klavier, bearb. von Wolfgang Birtel, Partitur und Stimme

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz
erschienen in: das Orchester 02/2018 , Seite 63

Als „kleine Jazz-Sonate“ können vorliegende drei Preludes für Klavier aus der Feder von George Gershwin verwendet werden, so Herausgeber Wolfgang Birtel, der die vorliegende Ausgabe für Oboe und Klavier bearbeitete. Doch darüber hinaus sind noch weitere Ausgaben für Violine, Klarinette und Es- sowie B-Saxofon erhältlich. Birtel ist als Herausgeber sehr umtriebig und gab unter anderem bereits 2013 das Lullaby des amerikanischen Tonkünstlers in einer Bearbeitung für Streichquartett heraus.
Gershwin hatte Mitte der 1920er Jahren vorgehabt, nach dem Vorbild der 24 Préludes von Frédéric Chopin ebenfalls Preludes zu komponieren, welche er allerdings zunächst Noveletten nannte. Mehr als fünf sollen es nach dem zweisprachigen Vorwort indes nicht geworden sein, welche die einzigen Kompositionen für Klavier allein sind. Dennoch soll es noch ein sechstes geben, das sein Bruder Ira Gershwin mit Sleepless Night betitelte. Es befindet sich wohl noch unter den unveröffentlichten Manuskripten.
Weiterhin ist zu lesen, dass zwei davon Gershwin selbst für die Violinkomposition Short Story verarbeitet haben soll. Dies widerspricht indes der Tatsache, dass nicht Gersh-win, sondern der Geiger Samuel Dushkin (1891-1976) die beiden für sein Instrument bearbeitet und in einem Violinabend am 8. Februar 1925 vorgestellt hatte. Eine CD-Aufnahme mit Dushkin als Solist ist noch erhältlich. Jene drei Preludes (laut Vorwort) – in einer anderen Lesart ist von fünfen die Rede – spielte Gershwin dann selbst in einem Konzert am 4. Dezember 1926. In einem Wiederholungskonzert am 16. Januar 1927 in der Bos-toner Symphony Hall führte Gersh-win zu den Fünfen gar noch besagtes Sechstes auf. Sicher ist aber, dass er letztendlich jene drei veröffentlichte und sie dem Pianisten William Daly (1887-1936) widmete.
Zwei rasche und relativ kurze Rahmensätze, beide im „Allegro ben ritmato“, von denen der Finalsatz rhythmisch sehr schwungvoll im jazzigen Stil daherkommt, umrahmen einen langsamen Satz mit bluesartigen Elementen. Eine gute Idee, die beiden Anfangstakte als eine Art Rezitativ jeweils mit dem Solo-Instrument beginnen zu lassen. Im weiteren Verlauf sind aber schnelle Finger vonnöten, auch um den richtigen Drive der Rhythmen mancher Passagen in den jeweils nur etwa 80 bis 90 Sekunden dauernden Ecksätzen in den Griff zu bekommen. Diese sind nämlich lediglich 61 und 58 Takte lang mit einer Metronomangabe von Viertel = 100 und 116. Wer Flatterzunge beherrscht, kann im letzten Satz und insbesondere im langsamen Teil neue Klangeffekte erzeugen. Der Mittelteil ist zwar auch nur 61 Takte lang, aber durch das 4/4-Andante mit Viertel = 88 Schläge pro Minute etwas ruhiger und dauert gut drei Minuten.
Fazit: In der Tat kleine Präludien, jetzt mit einem Soloinstrument klanglich veredelt und zusammengefasst zu einer „Mini-Sonate“ mit für Gershwin typischen Lied-elementen und den feinnervigen Rhythmen der damaligen Zeit. Dies mit der Oboe zu spielen ist zwar sinnlich, stilistisch prädestiniert erscheint hier aber das Saxofon.
Werner Bodendorff