Greger, Luise

Gänseliesel

Ein Märchenspiel op. 170 (50'), eingerichtet für Kammerensemble von Barbara Gabler, Partitur / Klavierauszug / Aufführungsmaterial

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Furore, Kassel 2014
erschienen in: das Orchester 11/2014 , Seite 65

Luise Greger, 1862 als Luise Sumpf in Greifswald geboren, erhielt eine Ausbildung als Pianistin und Komponistin in ihrer Heimatstadt.
Später besuchte sie Kompositionsstunden – aus gesundheitlichen Gründen nur für ein Jahr – an der Königlichen Hochschule in Berlin. Mit ihrem Gatten, dem Arzt Ludwig Greger, zog es sie zunächst nach Berlin, 1894 nach Kassel, wo sie vor allem nach ihrer Scheidung bis in die 1930er Jahre eine rege Veranstalterin von Salons war. Die Kasseler Presse würdigte sie in einem Artikel zu ihrem 70. Geburtstag als „Deutschlands bedeutendste lyrische Tondichterin der Gegenwart“.
Dennoch dürfte das Werk von Luise Greger heute weitgehend vergessen sein, hätte nicht ihr Urenkel in den 1990er Jahren eine Truhe mit Noten gefunden. Dieses Funds nahm sich der Furore-Verlag an und gab nach und nach Werke von Luise Greger heraus, so auch 2014 das Märchenspiel Gänseliesel op. 170. Erschienen ist es in der Reihe „Sound Research of ­Women Composers – Twentieth Century“. Bei der Gänseliesel handelt es sich um die Geschichte eines Waisenkinds, das im Wald auf der Suche nach einer verlorenen Gans allerhand Feen, Elfen, Zwergen, dem Waldschreck und den ortskundigen Wurzelzwergen begegnet. In der originalen Form folgen auf eine Traumepisode zu Beginn Szenen, die dem dörflichen Leben entstammen. Weihnachtliche Episoden schließen die ursprüngliche Gänseliesel ab. Die vorliegende Edition beschränkt sich auf die ersten Teile (Gänseliesel auf der Elfenwiese).
Dass Greger vornehmlich als Liedkomponistin reüssierte, ist auch diesem Werk anzusehen. Neben solistischen Gesangsstückcken findet man Melodramen, kleine Duette und Terzette. Barbara Gabler richtete aus dem originalen Klaviersatz von Luise Greger eine Instrumentation für Kammerensemble ein, in dem Flöte/Picc. (ad lib.), Klarinette, Fagott, zwei Violinen, Viola, Vioncello (ad lib.), Kontrabass und Klavier zu besetzen sind. Das Libretto stammt von Emilie Riedel. Für die Edition wurde es von Klaus Schützmannsky eingerichtet. Das Bühnenpersonal ist etwas umfangreicher: Neben den Sprechrollen Erzählerin, Peter, Elfenkönigin, Waldschreck und Froschkönig treten auf: Echo, drei Waldfeen, zwei Birkenelfen, drei Wurzelzwerge, Kröte, Feuerunke, Schutzengel, Musikanten und ein Wegweiser.
Die Noten sind klar und gut lesbar gedruckt, die Vorworte und editorischen Notizen informativ. Etwas mehr quellenkritische Distanz würde man sich aber dann doch wünschen, wenn in der „Presseschau“ der vorliegenden Ausgabe ausgerechet aus der Uraufführungskritik von 1934 zititiert wird: „Man hielt sich umso mehr […] an das tiefe deutsche Gemüt, das darin zu Wort kommt, und an die feine Moral, die heute mehr denn je Geltung hat.“
Weder die Singstimmen noch die Instrumentalstimmen wirken übertrieben komplex. Deshalb dürfte das Märchenspiel Gänseliesel sicher für die Kleineren in Musikschulen recht geeignet sein. Ob man findet, das Werk sei (nicht erst 2014) aus der Zeit gefallen, mag jedem selbst überlassen sein. Aktuelle Aufführungen der Gänseliesel finden sich auch im Netz auf der Seite www.greger-luise.de.
Gernot Wojnarowicz