Henze-Döhring, Sabine

Friedrich der Große

Musiker und Monarch

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: C. H. Beck, München 2012
erschienen in: das Orchester 09/2012 , Seite 69

Die Musik als Dienerin des Staates? Kultur als unschätzbares Gut, in das eine Regierung investieren sollte? Fast klingen diese Parolen in der heutigen Zeit für den Kulturschaffenden wie eine positive Utopie. „Friedrich der Große aber“, so Sabine Henze-Döhring in ihrem neuen Buch, „stellte die Musik ins Zentrum seines eigenen künstlerischen Schaffens.
Sie profilierte ihn als König und nobilitierte seine Dynastie.“ Die Autorin, die eine Professur für Musikwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg innehat, räumt u.a. mit dem verbreiteten Vorurteil vom musikalischen Dilettanten gründlich auf.
Überhaupt zählt ihr Buch wohl zu der einzigen Neuerscheinung anlässlich des 300. Geburtstags des Königs, die sich mit dem Aspekt Friedrich II. als Musiker auseinandersetzt. Zwar ist der Titel Friedrich der Große – Musiker und Monarch auf den ersten Blick irreführend, spielt doch die Musik in dem Buch die Hauptrolle; Kriegsereignisse und einschneidende biografische Einschnitte werden nur marginal erwähnt. Durch dieses Mittel aber vermag die Autorin zu verdeutlichen, welchen Stellenwert Friedrich der Große der Musik auch als Staatsmittel zukommen ließ. „Sein soldatisches Können einerseits, seine künstlerische Befähigung als Musiker oder Verseschmied andererseits bilden demnach eine untrennbare Einheit“, so die Autorin im ersten Kapitel, das bezeichnenderweise mit „Mars und Apoll“ überschrieben ist. Später heißt es: „Auf dieser dezidiert aufgeklärten Auffassung von zeitgemäßer Repräsentationskunst beruhen Besonderheit und Bedeutung der Hofmusik während Friedrichs gesamter Regentschaft.“
Henze-Döhring, die bereits eine Biografie über die Lieblingsschwester des Königs, Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, geschrieben hat, wartet in ihrem neuen Buch mit vielseitigem Quellenmaterial auf: Briefauszüge (u.a. aus der Korrespondenz mit Wilhelmine), Besetzungslisten, Konzertprogramme u.a. Damit belegt sie verschiedenste Facetten des Herrschers als Musiker: der Opernintendant, der Flötist, der Librettist, der Mäzen, der Komponist. Sie beleuchtet sein schwieriges Verhältnis zu Johann Joachim Quantz und zeigt auf, was an der Beziehung zu Johann Sebastian Bach Legende und Wahrheit ist.
Nützlich für den historisch wenig Gebildeten ist bei der Lektüre die zweigliedrige Zeittafel am Ende des Buchs – mit den politisch-biografischen Ereignissen auf der einen und den musikalisch-biografischen auf der anderen Seite. Henze-Döhring legt einen nüchternen, wertungsfreien Sprachstil an den Tag, der ohne Effekthascherei und künstliches Aufbauschen auskommt. Geradezu wohltuend ist dies angesichts der Zerrbilder, mit denen Friedrich der Große teilweise befrachtet ist. Gleichwohl schafft die Autorin es zu verdeutlichen, in welchem Maß der Monarch mit der Musik Preußen zum Aufstieg zu einer bedeutenden Kulturnation verhalf.
Barbara Pikullik