Eva Batt
Frieden finden – irgendwo?
Für Kontrabass solo
Wie das vor einiger Zeit veröffentlichte Duett Wind strich eine Schattenmelodie für Violine und Kontrabass ist auch das Kontrabass-Solostück Frieden finden – irgendwo? von Eva Batt (*1965) von einem Gedicht der Autorin Christiane Schwarze inspiriert. Dabei ist, wie die Komponistin im Vorwort erläutert, die Musik nicht im Sinne einer Vertonung des lyrischen Gebildes zu verstehen, sondern Musik und Gedicht entstanden vielmehr zur selben Zeit in einem koordinierten Arbeitsprozess und unter wechselseitiger Beeinflussung.
Impuls für beide künstlerische Ausdrucksformen war wiederum ein Naturerlebnis, nämlich „die eindrückliche Landschaft der Lüneburger Heide“, insbesondere das südöstlich von Schneverdingen gelegene Pietzmoor und dessen Wahrnehmung als „individueller Ort des Friedens“.
Batt nutzt die hervorstechenden Qualitäten des tiefen Streichinstruments – seine Tonfülle und den von den Fundamenttönen bis in höhere Lagen und zu Flageoletts reichenden Tonumfang – und stattet sie durch Einsatz ausgewählter moderner Spieltechniken mit besonderen Farbwerten aus. Ziel der Komponistin ist es – und damit wird im Grunde die in Schwarzes Versen zu findende Reihung poetischer Gedanken in den Phänomenbereich der Musik übertragen –, eine Abfolge wechselnder „Klangatmosphären“ von unterschiedlicher Dauer und Intensität zu schaffen. Diese Abfolge lässt sich als Prozess der Suche wahrnehmen, der über unterschiedliche Stadien verläuft: Eine Pizzicato-Textur aus Melodie und Begleitung ist da beispielsweise gleich zu Beginn zu vernehmen, agogisch angereichert durch die unbestimmten Haltepunkte kurzer Fermaten und abrupt beendet vom Einsatz eines markanten „con fuoco“-Abschnitts, dessen Sforzati sich in einige mit dem Bogen geschlagene Aktionen und mit der Faust der linken Hand auf dem Instrumentenkorpus markierte Schläge hinein fortsetzen.
An anderer Stelle finden sich Elemente wie kantabel vorzutragende melodische Gedanken, rhythmische Patterns, deren gleichmäßiger Achtelduktus durch „rubato“-Vortrag unterlaufen wird, dreistimmige Akkorde, die im „drammatico“- Gestus förmlich aus den Saiten herausgemeißelt werden müssen, eine im „misterioso“ verbleibende Doppelgriffpassage oder ein „appassionato“ vorzutragender Sech-zehntelschwall, der von gelegentlichen Sechzehntelpausen durchschnitten ist.
All dies und noch viel mehr vollzieht sich – und darin liegt die Herausforderung für Interpreten und Interpretinnen – übergangslos, in Gestalt überraschender Wechsel und irritierender Brüche, immer wieder unterstrichen durch suggestive Vortragsanweisungen, die auch genügend Zeit lassen, um den Klangentfaltungen und den Resonanzen des Instruments nachzuspüren.
Wenn Batt im Schlussabschnitt des Stücks dann zu Ausdruck und Harmonik des Beginns zurückfindet, stellt sich nach all den zwischenliegenden Stationen doch ein gewisses Gefühl von Heimkehr ein, auch wenn es – das Fragezeichen im Werktitel verweist darauf – letzten Endes trügerisch bleibt.
Stefan Drees