Chausson / Debussy / Mouton / Fauré

French Piano Trios

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Musikproduktion Dabringhaus und Grimm MDG 303 1711-2
erschienen in: das Orchester 03/2012 , Seite 77

Eigentlich sind es nur zwei französische Klaviertrios, die auf der neue­s­ten Aufnahme des Trio Parnassus eingespielt wurden: das Trio op. 3 von Ernest Chausson und das Trio op. 120, das Gabriel Fauré an seinem Lebensende komponierte. Zwischen diesen Trios steht ein ungewöhnliches und kaum bekanntes Werk, ein Potpourri aus Debussys Oper Pelléas et Mélisande, das der Belgier Hubert Mouton zusammenstellte und bearbeitete.
Aber gerade an der Interpretation dieses merkwürdigen Werks lässt sich die herausragende Qualität der vorliegenden CD beschreiben. Die Interpretation eines Potpourris, das aus den größten musikalischen Hits einer abendfüllenden Oper zusammengestellt wurde, ist enorm schwer, wenn man weit mehr möchte als nur eben diese Hits in einer eher zufällig kombinierten Reihen- und Rangfolge zu spielen; und noch schwerer wird es, wenn man mit der Musik nicht nur eine musikalische Geschichte beispielsweise der Opernhandlung nacherzählen, sondern ihr auch eine musikalische Atmosphäre einhauchen möchte.
All dies ist dem Trio Parnassus gelungen. Das Potpourri-Trio von Debussy/Mouton wirkt wie ein atmosphärisches und nuancenreiches Gefühlssubstrat der Oper. Da erklingt zu Beginn eine Musik voller Geheimnisse, facettenreich werden Farben gemischt, dann lastet eine Stimmung voll drückender Schwere, Schwüle und Leidenschaft über dem musikalischen Geschehen, und immer wieder erscheint als hoffnungsvoller Sonnenstrahl der Klang einer leuchtenden Violine, die aber gleichzeitig in vielen Schattierungen ihre Leuchtkraft einsetzt. Das ist einfühlsame und große Interpretationskunst.
Dies lässt sich nicht nur über das gut zehnminütige Trio von Debussy und Mouton sagen, sondern ist auch auf die beiden anderen Trio-Darbietungen zu übertragen: Facettenreich, spannungsgeladen, emotional aufwühlend, klagend, schattierungsreich, die Fähigkeit, impulsive Farbänderungen vorzunehmen, das Herausarbeiten musikalischer Akzente und Störungen und Weiteres mehr zeichnen die vorliegenden Aufnahmen durch das Trio Parnassus aus. Der satte warme Klang des Violoncello von Michael Groß steht einer frisch leuchtenden Oberstimme der Violine von Yamei Yu gegenüber und der musikalische Satz wird zusammengehalten vom Pianisten Chia Chou. Der dritte Satz aus Chaussons Trio bietet ein Beispiel für das wunderbare Zusammenspiel: Eine Kantilene von Violine und Violoncello schwebt über dem Klaviersatz, fügt sich plötzlich organisch ein und entfaltet sich erneut aus sich heraus.
Und doch gibt es einen kleinen Wermutstropfen: Warum das Klavier an mehreren Stellen matt klingt und ihm an Tiefe fehlt, ist nicht ganz verständlich. Liegt es am Instrument oder an der Aufnahmetechnik? Letzteres wäre für eine CD vom Label Musikproduktion Dabringhaus und Grimm ungewöhnlich. Wie auch immer: Dieser kleine Wermutstropfen stößt bei der ansonsten hervorragenden Aufnahme nicht nachhaltig bitter auf. Er ist nur ein ganz leichter und kleiner Beigeschmack einer ansonsten großartigen CD.
Klemens Fiebach