Frederic Belli

Works by Berio, Rabe, Martin, Delerue, Rota

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin GEN 11188
erschienen in: das Orchester 07-08/2011 , Seite 78

Luciano Berio schrieb das Solo per trombone e orchestra 1999 (rev. 2000) für den schwedischen Ausnahmeposaunisten Christian Lindberg. Solist bei der vorliegenden Aufnahme dieser anspruchsvollen Komposition ist der Solo-Posaunist des SWR Sinfonieorchesters Frederic Belli. Das reich instrumentierte Stück erklingt hier in einer äußerst differenzierten und ausdrucksstarken Interpretation als Live-Aufnahme bei einem Festival in Straßburg. Solist und Orchester ergänzen sich dabei so makellos, dass die expressiven Effekte der virtuosen Spieltechniken des Posaunisten – wie Multiphonics, Flatterzunge oder Triller – noch intensiver wirken. Der Klangteppich, den das Orchester ausbreitet, ist gleichermaßen Trampolin und Echo für die Solo-Posaune.
Frederic Belli ist einer der herausragenden und vielseitigsten jungen Posaunisten mit einem besonderen musikalischen Gespür. Bereits mit 14 Jahren begann er als Jungstudent an der Musikhochschule. Er ist Preisträger verschiedener nationaler sowie internationaler Wettbewerbe und gewann als erster Posaunist 2007 den Deutschen Musikwettbewerb.
Auch in Folke Rabes BASTA för trombone solo von 1982 kommen die virtuosen Qualitäten des Blechblasinstruments zum Tragen. Präzision und Geschwindigkeit machen hier den Reiz aus. Das gleichzeitige Singen und Spielen des Posaunisten von Tonleitern und Akkorden in unterschiedlichsten Tempi geben dem Solisten einen echten Spielraum für eine Performance mit humorvollen Zügen, die Frederic Belli voll und ganz auskostet. Ein Klassiker der Kammermusik für Posaune (oder Tenorsaxofon) ist die Ballade des Schweizers Frank Martin (1940). Martin geht ganz bewusst auf den populären Charakter der Posaune ein und inspiriert seine ernste Musik mit den damals neuartigen Klangmöglichkeiten. Wunderbar geschmeidig gelingt Belli hier dieses für die Kondition des Bläsers anspruchsvolle und klangschöne Stück. Seine Interpretation ist gesanglich und facettenreich.
Dem nicht immer kritiklos hingenommenen Brückenschlag zwischen E- und U-Musik wendet sich Belli beim nächsten Stück von Georges Delerue zu. Das aus Studenten und ehemaligen Schülern von Jonas Bylund an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover formierte Ensemble Trombone Unit Hannover interpretiert das filmmusikalische Madrigal für Solo-Posaune, drei Tenor- und zwei Bassposaunen sonor und nuancenreich. Von Nino Rota, dem zweiten „Nicht-nur-Filmkomponisten“ auf diesem Solo-Album stammt das Konzert für Posaune und Orchester. Bellis Spiel glänzt auch hier durch fein abgestufte Dynamik, einen weichen, aber auch kraftvollen Ton und rhythmische Exaktheit. Die ausdifferenzierte Dramaturgie, mit der er im Lento souverän den großen Tonumfang und die dynamische Bandbreite seines Instruments nutzt, ist beeindruckend. Frisch und beweglich wird der Finalsatz gespielt, die rhythmische Spannung zwischen Soloinstrument und Orchester deutlich herausgearbeitet. Frederic Belli überzeugt in all den hier eingespielten Besetzungen sowie der Breite des musikalischen Spektrums mit Stilsicherheit, technischer Meisterschaft und Ausdrucksstärke.
Juliane Bally