Werke von Saint-Saëns, Fauré, Honegger und Lalo

Four Visions of France

French Cello Concertos. Daniel Müller-Schott (Violoncello), Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Ltg. Alexandre Bloch

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Orfeo C
erschienen in: das Orchester 02/2022 , Seite 70

Die fünf hier versammelten Werke für Cello und Orchester bieten tatsächlich „Vier Visionen von Frankreich“. Interessant ist bei der Werkfolge auf diesem Album, dass nicht etwa eine konsequente Chronologie der Lebenszeiten von Camille Saint-Saëns, Gabriel Fauré, Arthur Honegger und Édouard Lalo eingehalten wird, sondern dass gemäß der Entstehungszeit zwischen dem 19. und dem 20. Jahr-hundert hin und her gesprungen wird.
Das Cellokonzert Nr. 1 von Saint-Saëns wurde 1872 komponiert und gehört in der bekanntlich nicht sehr großen Auswahl an Cello-Literatur zu den beliebtesten Stücken. Gabriel Faurés Élégie wurde erstmals 1883 in der ursprünglichen Version für Cello und Klavier mit großem Erfolg aufgeführt, erst später brachte er die auf dieser CD aufgenommene Version für Orchester heraus. Arthur Honegger, als Sohn Schweizer Eltern in Le Havre geboren, ist hier präsent mit dem C-Dur-Konzert von 1929. Édouard Lalo schrieb sein Cellokonzert in d-Moll 1876 für den belgischen Cellisten Adolphe Fischer, der das Werk 1877 auch uraufführte.
Daniel Müller-Schott ist 1976 in München auf die Welt gekommen. Mit sechs Jahren begann er Cello zu spielen, mit 15 gewann er beim Tschaikowsky-Wettbewerb in Moskau unter den Cellisten den Ersten Preis. Er studierte bei Walter Nothas in München, danach in Großbritannien und zuletzt bei dem berühmten Heinrich Schiff in Salzburg und Wien. Müller-Schott hat mit zahlreichen großen Dirigenten und bedeutenden Orchestern zusammengearbeitet. Er spielt ein 1727 in Venedig von Matteo Goffriller gebautes Cello. Der Solist hat sich in wohlgesetzten Worten zu französischer Musik geäußert: „In der französischen Musik braucht man wie bei der Malerei Farben in Zwischentönen. Übergänge, Schattierungen, die nicht unmittelbar zu erkennen sind, die erst aus der Entfernung ins Blickfeld kommen.“
Nach jeweils zwei knappen Orchester-Akzenten beginnt der Solist im Allegro-Kopfsatz des Konzerts von Saint-Saëns mit quicklebendiger Interpretation des vitalen Laufwerks. Sehr ausgewogen in Phrasierung, Dynamik und Ausdruck werden die dialoghaften Passagen ausgeführt. Nach der fast wie ein Trippeln wirkenden Orchestereinleitung in das Allegretto con moto greift Daniel Müller-Schott zunächst nur verhalten und lyrisch ein, kommt aber bald zu einer maßvollen dynamischen Steigerung.
Honeggers Konzert beginnt mit einem Andante, das sich im Tempo steigert und den Solisten im Dialog mit Bläsern des Orchesters agieren lässt, bevor sein Instrument im Lento facettenreiche Elemente einführt. Machtvoll beginnt das Orchester den langen Kopfsatz des Lalo-Kon-zerts, um dann dem Solisten das Wort zu geben und selbst nur zu akzentuieren. Ätherisch zart hebt das Andantino con moto an, entwickelt sich dann zu einer abwechs-lungsreichen Miniatur, der ein Finale Allegro vivace folgt. Die Élégie von Fauré und die Romanze von Saint-Saëns runden das Album ab.
Günter Buhles