Diemer, Emma Lou
Four for Three
für Flöte, B-Klarinette und Fagott, Partitur und Stimmen
Schon als Kind wusste Emma Lou Diemer, 1927 in Kansas City in Missouri geboren und in einer überaus musikalischen und musikinteressierten Familie aufgewachsen, dass sie unbedingt komponieren wollte, ein Wunsch, der sie sogar auf eine Familiengründung verzichten ließ. Die Arbeit als Komponistin, Interpretin und Pädagogin wurde für sie dann zu einer wirklichen Berufung, der sie kraftvoll und konsequent nachging, wie ihr umfangreiches Werkverzeichnis beweist (siehe www.klassika.info). Vieles daraus wurde verlegt und aufgeführt, und mit ihren beiden Instrumenten Orgel und Klavier ist sie auch heute noch aktiv, als promovierte Professorin für Musiktheorie und Komposition allerdings seit 1991 emeritiert.
Flötisten kennen vermutlich die Sonata for Flute and Piano (or Harpsichord) von 1958 und das Flute Concerto von 1963, beide bei Southern Music Company (SMC) verlegt und Mark Thomas gewidmet, dem Gründer der amerikanischen National Flute Association. Ansonsten ist diese Emma Lou Diemer hierzulande immer noch erstaunlich unbekannt, weder beim Furore-Verlag noch im Archiv Frau und Musik ist sie präsent. Erfreulicherweise hat sich der Verlag Certosa, der ausschließlich die Musik von Komponistinnen im Programm hat, seit einiger Zeit ihrer Musik angenommen.
Die augenfreundlich groß gedruckte Ausgabe des Bläsertrios umfasst drei Stimmhefte und eine Partitur, die das Einstudieren am Klavier ermöglicht. Nur was die Feinjustierung des Notensatzes betrifft, hat man sich zu sehr auf die programminternen Fähigkeiten verlassen. Schade, aber vielleicht noch zu ändern.
Die vier Stücke für drei Spieler waren zunächst als Blechbläser-Trio konzipiert, in ihrer jetzigen Gestalt kommen aber nach Meinung der Komponistin die beabsichtigten instrumentalen Wirkungen besser zur Geltung. Alle vier Sätze zeichnet ein durchsichtiges Satz- und Klangbild aus; die schnellen Ecksätze überzeugen mit rhythmischer Verve; der zweite Satz nutzt als Scherzo einige moderne Spieltechniken; die klaren melodischen Linien des dritten verbinden sich ohne die sonst häufigen Taktwechsel
zu einem ruhig fließenden Gesang. Für Jugend musiziert und als Ergänzung des Repertoires dieser Besetzung wie etwa die Trios von Devienne, Pleyel, Walckiers, Muczynski oder Smirnova, um nur einige Namen zu nennen ist Diemers kurze und prägnante Komposition sehr zu empfehlen.
Stilistisch möchte Emma Lou Diemer keiner bestimmten Richtung zugeordnet werden. Sie schreibt durchgehend freitonal, ihr zentrales Interesse gilt der Exploration melodischer und rhythmischer Möglichkeiten. Formale Strukturen sind ihr wichtig und auch die Orientierung am Kontrapunkt. So besuchte sie z.B. während ihrer Studienzeit Hindemiths Kontrapunkt-Kurs in Yale. Großen Wert legt sie darauf, für Profis und Laien gattungsübergreifend gleich gut zu schreiben, also Musik jeder Schwierigkeit qualitativ und inhaltlich anspruchsvoll und gehaltvoll zu gestalten. Vor allem aber geht es ihr darum, dass ihre Musik gehört wird, und zwar mit Verständnis und Vergnügen zu gleichen Teilen eine so persönliche wie überzeugende Definition von Gebrauchsmusik!
Ursula Peek


