Gerald Barry

Foghorn

for tuba

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Schott, Mainz
erschienen in: das Orchester 5/2024 , Seite 69

Foghorn heißt die neue Komposition von Gerald Barry, die anlässlich des 200. Geburtstag der Royal Academy of Music in London entstand. Dort fand auch die Uraufführung statt.
Bei der Tuba gibt es zwei Eingruppierungen: die Basstuba in Es- oder F- Stimmung sowie die Kontrabasstuba in B- oder C-Stimmung. Während in Deutschland und Österreich traditionell die Tuben in F und B zum Einsatz kommen, setzt man in Großbritannien vorwiegend auf die Tuba in Es. Ein weiterer Unterschied besteht in der Bauart der Ventile, nämlich Dreh-Zylinder-Ventile und Piston-Ventile. Die in Großbritannien gespielte Es-Tuba verfügt traditionell über Piston-Ventile, umgangssprachlich auch als Pumpventile bezeichnet. Diese Tuba kam laut Barry bei der Uraufführung im Jahr 2021 zum Einsatz, was aber nicht zwingend notwendig ist. Das Werk kann auf jeder beliebigen Art von Tuba aufgeführt werden und sogar in beliebiger Transposition. Gerald Barry lässt also großen Interpretationsspielraum. Auf den ersten Blick erkennt der Fachmann die Möglichkeit, das Werk auf einer Kontrabasstuba zu spielen. Die Sololiteratur für die Tuba ist zwar kontinuierlich angewachsen, aber Solo-Werke für B- und C-Tuba sind rar. Um das Stück eindrucksvoll interpretieren zu können, sollte man einen großen Tonumfang mitbringen, vor allem in der tiefen Lage. Vermutlich verbindet der Komponist gerade diese extreme Tiefe der Töne mit dem Klang eines Nebelhorns.
Barry schreibt frei-tonal, aber mit gängigen Taktangaben. Eine einzige Tempoangabe zu Beginn des Werks gibt der Komponist vor, um dann aber durch geschickte Taktwechsel einen ganz eigenen Antrieb zu schaffen. Mit Angaben zur Dynamik ist er sehr sparsam. Da ist alleine der Interpret gefragt. Für einen Vortrag im studentischen Bereich eignet sich das Werk bestens, gerade weil es so viele Freiheiten zur Interpretation bietet und als eine spannende Abwechslung gesehen werden kann. Selbst fortgeschrittene Amateure können sich Foghorn als Herausforderung vornehmen und wenn es auch nur als Fingerübung dienen sollte. Während auf der Kontrabasstuba die Schwierigkeit in der hohen Lage besteht, zeigt Foghorn gerade für die Basstuba die Schwierigkeit von extrem tiefen Tönen, welche aufgrund der großen Intervallabstände zum Spagat werden.
Jede Neukomposition für Tuba sollte als Bereicherung gesehen werden, damit es wie bei fast allen anderen Blechblasinstrumenten genügend Auswahl an Werken für jeden Geschmack gibt. Noch weniger Auswahl als bei der Tuba gibt es nur noch bei der Bassposaune. Aus diesem Grund teilen sich die beiden Instrumente diverse Kompositionen als deren Standardrepertoire. Bei dem Werk von Gerald Barry erkennt man allerdings sehr gut, dass es für Bassposaune aufgrund der extrem tiefen Töne nicht geeignet wäre.
Siegfried Jung