Carl Philipp Emanuel Bach
Flute Concertos & Sinfonias
Nolwenn Bargin (Flöte), Musikkollegium Winterthur, Ltg. Roberto Gonzáles Monjas
Es ist nicht so, dass er im heutigen Konzertleben gänzlich unterrepräsentiert wäre – und erst recht nicht, wenn man die CD-Neuerscheinungen der vergangenen zwanzig Jahre betrachtet. Aber dennoch: Dafür, dass, wenn man im 18. Jahrhundert vom „großen Bach“ sprach, jedermann unmittelbar und ohne Zögern verstand, dass von Carl Philipp Emanuel Bach die Rede war und nicht etwa von seinem heute so viel mehr gehypten Vater Johann Sebastian, nimmt sich CPEs Einspielungsliste doch eher bescheiden aus; von seinem sehr gelegentlichen Auftauchen in Programmen heutiger Sinfonieorchester einmal ganz zu schweigen.
Dass diese CD, die das Musikkollegium Winterthur unter der Leitung seines Konzertmeisters Roberto Gonzáles Monjas mit der französischen Querflötistin Nolwenn Bargin eingespielt hat, sich sogar ausschließlich dem Werk des Bach-Sohnes widmet, spricht also schon einmal entschieden für sie – und für den Mut der Musiker und ihres Labels. Dass die Musiker für die Aufnahme allerdings gerade die zwei Sinfonien Wq 183/1 und 183/4 sowie die Flötenkonzerte Wq 168 und 22 ausgewählt haben, macht die Sache etwas weniger reizvoll, denn von allen vier Werken gibt es bereits mehrere Aufnahmen, sowohl auf historischem wie auf modernem Instrumentarium. Aber nichtsdestotrotz: Wer noch keine dieser Aufnahmen sein eigen nennt, ist mit dieser sicherlich sehr gut bedient.
Das hier mit 35 Musikern besetzte Musikkollegium Winterthur spielt durchgängig außergewöhnlich lebhaft, beweglich und virtuos. Mit seiner klaren, knappen Phrasierung, der schönen dynamischen Gestaltung und vor allem seinen wunderbar gestalteten Spannungslinien – dynamischen Steigerungen bis zum harmonischen Höhepunkt einer Phrase und zurück – lässt das Ensemble auch stilistisch nichts zu wünschen übrig. Und selten hört man ein modernes Orchester so sauber spielen, auch in hohen, kurzen Streicherfiguren oder schnell wechselnden Bläserakkorden!
Auch die Flötistin gibt kaum Anlass zur Klage, spielt technisch sehr gut, mit schönem Ton. Nur stilistisch erreicht sie nicht ganz die Sicherheit des Orchesters. Insbesondere in den schnellen Sätzen wirkt ihr Spiel im Gegensatz gerade zu den beschwingt dahinflitzenden Streichern des Musikkollegiums Winterthur zwar nun nicht wirklich schwerfällig, aber doch zumindest deutlich weniger versatil und auch weniger klar phrasiert, da sie vielleicht ein wenig zu einseitig auf ihr (zugegebenermaßen freilich sehr schönes…) Legatospiel setzt. Und zwar ist natürlich anzuerkennen, dass man sich auf der Querflöte schwerer mit dynamischer Differenzierung tut als auf einer Violine, aber dennoch fallen auch ihre Spannungslinien ein wenig gegenüber denen des Orchesters ab.
Doch hier sprechen wir von Nuancen, die sich wohl nur vor einem so strahlenden Hintergrund wie eben dem des hier so hervorragend agierenden Ensembles abzeichnen – und so bleibt es dabei: Insgesamt eine sehr empfehlenswerte CD, mit der man sicherlich nichts falschmachen kann.
Andrea Braun