August Eberhard Müller

Flute Concertos 1, 3 & 10

Tatjana Ruhland (Flöte), Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim, Ltg. Timo Handschuh

Rubrik: CD
Verlag/Label: cpo
erschienen in: das Orchester 06/2019 , Seite 63

Drei sehr lebendige Flötenkonzerte sind es, die hier vorgestellt werden, komponiert von einem Flötisten im Geist und in der Nachfolge Mozarts. Was für ein Vergnügen, das hören zu dürfen, virtuos interpretiert und ins rechte Licht gerückt von einer modernen, gleichwohl stilistisch flexiblen Flötistin, die sich darauf versteht, ihre Solostimme mit Fantasie und entzückenden Einfällen quasi improvvisando zu verzieren. Dass sie dabei von einem ganz in ihrem Sinne und damit im Sinne der Musik agierenden Orchester begleitet wird, trägt natürlich auch zu dieser rundum überzeugenden Produktion bei. Das Booklet enthält reichlich Informationen zum Komponisten und darüber hinaus wesentliche formal-inhaltliche Betrachtungen zu den einzelnen Sätzen der Konzerte.
Über seine Verdiensten im öffentlichen Musikleben als Organist, Pianist und Dirigent vergisst man leicht den Komponisten, der zudem noch selbst Flötist war und als solcher seit 1794 im Leipziger Gewandhausorchester tätig war, bis ihm dann das Amt des Thomaskantors in der Nachfolge Johann Adam Hillers übertragen wurde.
Elf Flötenkonzerte hat Müller insgesamt komponiert, aber nicht alle sind erhalten. Das erste erschien 1793 als op. 6 im Druck, das dritte 1794 als op. 10, das zehnte 1809 als op. 30, und er spielte sie alle drei selbst öffentlich in Leipzig. Die bei Ries und Erler erschienen Partituren zu diesen drei Konzerten wird man aufgrund ihres hohen Preises ohne direkten Anlass nicht kaufen wollen, aber gut, dass es sie gibt. Die Stimmen-Drucke von op. 6 und op. 10 sind außerdem bei IMSLP zu finden.
In der Rezension der AMZ 1818 von Müllers erst posthum erschienenem 11. Konzert in e-Moll, das herausgegeben von Christopher Hogwood in der Edition HH verfügbar ist, liest man dazu Folgendes: „Des früh verstorbenen Ms. Flöten-Conzerte kennt jeder Virtuos und geschickte Liebhaber dieses Instruments und zählt sie mit vollem Recht unter die vorzüglichsten, die überhaupt vorhanden sind.“
Trotzdem gerieten seine Konzerte schon bald nach seinem Tode in Vergessenheit, wie es überhaupt um das Flötenkonzert der Zeit nach Mozart nicht besonders gut bestellt war, weil „die Flöte als konzertierendes Instrument der Klarinette bey weitem nachsteht“, wie ebenfalls in der AMZ anlässlich der Besprechung von Müllers Flötenfassung des Mozartschen Klarinettenkonzerts – einer Aufgabe, die ihm naturgemäß nicht wirklich flötistisch gelingen konnte – zu lesen ist.
Obwohl man also der Flöte damals keine anspruchsvollen konzertanten Aufgaben mehr zutraute, scheint es nach dem hier Gebotenen doch so, dass Müller die Vorzüge seines Instruments, seine Beweglichkeit, den weichen und doch intensiven Klang in seinen Konzerten wirkungsvoll einzusetzen wusste und damit Eigenes und Bleibendes zum Konzertrepertoire beigetragen hat. Man muss diese Konzerte allerdings auch – so wie hier beispielhaft geschehen – entsprechend spielen, vielleicht auch einmal auf einem Instrument der damaligen Zeit.
Ursula Pešek