Gerhard Daum

Film Music Suites

Brandenburger Symphoniker, Ltg. Hannes Ferrand

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Tone Work
erschienen in: das Orchester 12/2017 , Seite 67

Ausgesprochen vielfältig tritt das Werk des Komponisten hervor, nicht nur in der Filmmusik, sondern auch in der Werbemusik – etwa zu „BMW Z3 Roadster, im Auftrag ihrer Mobilität“ (1996), und auch in der Musikproduktion wie bei seinem Plattenlabel ToneWork Records. Das neue CD-Projekt Gerhard Daums legt den Fokus auf die Transformation von Filmmusik auf Orchestermusik.
Befreit von der Funktion des Underscorings – hier unterstützt Filmmusik Handlung und die psychologische Kontur der Charaktere – entfaltet sich der Klang autonom nach rein musikalischen Überlegungen. Der Komponist versammelt auf der CD eine Kompilation seiner erfolgreichsten Stücke wie Felon und einer Tatort-Episode, aber auch bislang unveröffentlichte Arbeiten. Die insgesamt elf Suiten zu Romanzen, Psychothrillern und Krimis, darunter amerikanische, englische und deutsche Produktionen, bilden das Spektrum des Komponisten ab.
Geprägt von den großen Filmkomponisten wie Bernard Herrmann, Ennio Morricone, John Barry und John Williams ist Daums Tonsprache modal ausgerichtet, vorwiegend in Molltönen zuhause und mit überraschenden harmonischen Wendungen und epischem Schmelz versehen. Das überrascht gerade bei dem Tatort-Thema
mit dem Titel Bier vom Fass, was hemdsärmelige Volksmusikklänge vermuten lässt, stattdessen aber einen düster bewegten Klangteppich ausbreitet für eine Trompetenmelodie, die nach Jerry Goldsmith und großem Kino klingt. Felon, eine Hollywood-Produktion aus dem Jahr 2008, im Genre des Gefängnisdramas angesiedelt und mit Val Kilmer in der Hauptrolle, arbeitet sensibel und mit Pausen durchsetzt den zarten Streicherklang in verlorener Weite heraus. Das ostinat-expressive Cellomotiv aus dem Psychothriller The strange Case of Mr. K von 2001 verwandelt sich nach und nach in nervöse, beunruhigende Dissonanzen. Vor allem der Walzer hat es Daum angetan, der mit mehreren Kompositionen vertreten ist und in verschiedensten Klanggesten mal mehr im Fantastischen angesiedelt wie bei Berlioz (Valse cinématique) oder elegisch im Stil Saties (Song for Oboe) auftritt.
Die Brandenburger Symphoniker arbeiten die oftmals raffinierten Klangmischungen und expressiven Linien deutlich heraus, erliegen jedoch manchmal der Gefahr unnötigen Forcierens. Die Instrumentierung lässt dabei nie Zweifel aufkommen an der Zugehörigkeit zur Filmmusik. Das erscheint bei aller Raffinesse und Klangvielfalt, die die einzelnen Stücke zu bieten haben, doch insgesamt reduziert, angesichts der Projektidee, die Werke aus dem funktionellen Filmkontext herauszulösen und sie als autonome Orchestersuiten zu setzen. Etwas mehr Experiment in der Orchestrierung hätte auch der Individualität der Stücke gut getan. Unzureichend und verschiedentlich nicht nachvollziehbar sind Kontextualisierung und Zuordnung der einzelnen Stücke zu den jeweiligen Filmen, die durch das Booklet nicht wirklich geleistet werden.
Steffen A. Schmidt