Eespere, René
Februarium
für zwei Celli und Kammerorchester, Partitur, Leihmaterial
Der estnische Komponist René Eespere (*1953) studierte zunächst am Konservatorium in Tallinn, ehe er seine Ausbildung in Moskau unter anderem bei Aram Chatschaturjan fortsetzte. Bereits seit 1979 unterrichtet er selbst Komposition und Musiktheorie an der Estnischen Musikakademie und gehört in Estland zu den bekanntesten Tonkünstlern. Eesperes musikalisches Schaffen umfasst sowohl Kammermusik als auch großbesetzte Stücke. Besondere Aufmerksamkeit erhielt er außerdem für sein umfangreiches Chorwerk. Seine Tonsprache ist einfach und klar gegliedert. Die Kompositionen verwenden oft modales Tonmaterial und greifen auf Ostinato-Technik und Variationsformen zurück. Zudem erinnern sie in ihrer Schlichtheit an rituelle Musik und Minimal Music.
In einem spirituellen Kontext ist auch der Titel Februarium gewählt, der auf die alte römische Februa-Tradition, ein Fest der Sühne und der Reinigung, zurückgeht. Die zwölfminütige Komposition aus dem Jahr 2007 für zwei Celli und Kammerorchester erhält durch lange Liegetöne und ständige Repetitionen einen meditativen, bisweilen statischen Charakter. Gleichzeitig wird durch fortlaufende kleine Veränderungen Bewegung erzeugt. Das motivische Grundelement, eine meist schrittweise nach oben geführte Achtellinie, wird zunächst vom ersten Cello vorgestellt. Im Laufe der Komposition wird diese Linie durch alle Stimmen geführt und dabei variiert, fortgesponnen und in einzelne kleine Strukturen zerlegt, die wiederum weitergeführt werden. Dabei bestimmen Tempiwechsel und rhythmische Impulse den Verlauf der Komposition. Motivik, Rhythmus, Tempo und Dynamik verdichten sich immer mehr zu einem musikalischen Höhepunkt hin, ehe sie allmählich zu einem ruhigen Ende zurückgeführt werden.
Die beiden Solocelli sind gleichwertig gesetzt: Sie begleiten, imitieren und antworten sich gegenseitig, werden aber auch oft parallel geführt. Die Stimmführung erinnert dabei an Vokalwerke. Den Solostimmen fehlen sowohl virtuose Passagen als auch gesangliche Phrasen. Sie sind vielmehr in den Kammerorchesterklang eingebettet. Besonders der erste Cellist sollte mit dem Spiel in den oberen Lagen und Flageolets vertraut sein. Abgesehen von der Stimmlage finden sich aber in beiden Stimmen keine großen Schwierigkeiten. René Eespere verzichtet auf moderne Spieltechniken und setzt auf einen traditionellen, schlichten Kompositionsstil. Insgesamt lässt Februarium musikalische Spannung und Entwicklung, die den Zuhörer fesseln, leider vermissen.
Anna Catharina Nimczik