Bernhard Krabatsch/ Andreas Mendel

Fagott – Technische Grundlagen

Effektive und systematische Übungen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Konikos
erschienen in: das Orchester 03/2021 , Seite 66

Während im Lockdown alles Musikalische nach und nach ver­siegt, kann man Input gut gebrau­chen. Die neuen Übungen von Fa­gottist Bernhard Krabatsch und Verleger und Oboist Andreas Men­del kommen da gerade richtig.
Beginn mit Klangübungen: tut gut. Weiter mit Halblochübungen: sie funktionieren. Es folgen vermin­derte Akkorde von allen Tönen aus mit Zielton im Vibrato in verschie­denen Artikulationen: herausfor­dernd. Anschließend ein ausführli­ches Kapitel mit Tonleiterübungen, mit einfachen Tonleitern sowie mehreren Varianten davon. Unter­schiedliche Artikulationsvorschläge sind selbstverständlich; zusätzlich Akkordzerlegungen, Terzen- und Quartenketten mit Veränderungen wie Intervallwiederholungen oder mit Wechselnoten. Das Besondere ist hier, dass nicht nur der Anfang jeder Übung, sondern alles in jeder Durtonart ausnotiert ist. Ohne Aus­wendiglernen kann man sich gleich der Technik zuwenden.
Manche Übungen stammen von Kollegen und haben eine Ge­schichte. Die Autoren schildern diese Geschichte und verwickeln ei­nen auf diese Weise in innere Zwie­gespräche mit den Urhebern der Übungen: Was meinen sie z.B. mit Luftstrom fokussieren „im Sinne von ‚Halt‘ und ‚Tonsäule‘“? „Ge­bündelte Luft“ und „Körperreso­nanz“ kann man sich dagegen leich­ter vorstellen. Man spielt also und versucht, sich in die Autoren hi­neinzudenken – keine schlechte Übung. Zu den verschiedenen Stac­cato-Anweisungen ist an anderer Stelle zu lesen: „Hier soll ein ‚Mo­zart-Staccato‘ verwendet werden.“ Wie ist ein Mozart-Staccato…? „Portamento wie in der Barockmu­sik“, so oder lieber so? Die imaginäre Diskussion regt an zu Experi­menten.
Ein physiologisch erklärtes Fundament bekommt man nicht, vielmehr gehen die Autoren über das Spielgefühl und das zu Hören­de. Das Sich-selbst-Zuhören und die Selbstbeobachtung werden ge­fördert.
Ergänzend könnte man sich für die Lockerheit der Atemmuskulatur und des Ansatzes noch Übungen speziell in der Tiefe vorstellen. Doch wie Mendel auch auf der Ver­lags-Homepage ausführt: Lernen ist komplex, jeder Mensch lernt anders und muss die für sich geeignete Me­thode finden. Das vorliegende Kompendium liefert mit seinem Variantenreichtum auf jeden Fall große Bausteine.
Sämtliche Ausführungen gibt es auf Deutsch und auf Englisch. Die uneinheitliche Schreibweise in der deutschen Version bei der Benen­nung von Tönen mit B oder Kreuz im dritten Kapitel ist eine kleine Ungenauigkeit, spielt aber bei der praktischen Umsetzung der Musik selbstverständlich keine Rolle. Ein ordentliches Druckbild und die übersichtliche Anordnung der vie­len Komponenten sorgen für Klar­heit beim Üben. Das Vorwort trägt mit seinen zusätzlichen Übetipps zu weiterer Fülle bei.
Wer nach Ideen für Klang-, Halbloch- und Staccato-Übungen und nach einer ausnotierten syste­matischen Tonleiter-, Intervall- und Akkordsammlung sucht, wird in diesem Band fündig.
Annette Winker