Thomas Schmidt
Ethisches Theater
Grundlagen des ethischen Managements und der strukturellen Transformation des Theaters
Mit Ethisches Theater wirft Thomas Schmidt einen unverstellten Blick auf die oft verborgenen, toxischen Strukturen in deutschen Theatern und Opernhäusern. Das Buch liefert eine essenzielle, vielfach schonungslose Bestandsaufnahme eines Systems, das sich dringend reformieren muss. Schmidt beschreibt die Grundlagen eines gerechten und zukunftsfähigen Theaters sowie Merkmale, Organisation, Management, Komplexität und Defizite des heutigen Theaterbetriebs.
Ethisches Theater ist ein Versuch, Prozesse neu zu denken, um die Lage des Theaters und aller dort Beschäftigten nachhaltig zu verbessern. Schmidt analysiert die problematische Machtkonzentration bei Intendanten, die häufig ohne ausreichende Kontrollmechanismen agieren können. Dieses Machtvakuum führt nicht selten zu einem Klima der Angst und des Schweigens. Besonders für Mitarbeiter in künstlerischen Berufen, die oft auf befristeten Verträgen und unter hohem Konkurrenzdruck arbeiten, wird dies zum toxischen Umfeld. Es fehlt an Compliance-Regelungen, die in vielen anderen Branchen längst etabliert sind, um derartige Machtmissbräuche zu verhindern.
Gerade für die Zukunft des Musik- und Theaterbetriebs wird das Thema zeitgemäßer Führung von größter Bedeutung sein. Schmidt plädiert für eine Abkehr vom autoritären Führungsstil, hin zu einem transparenten, kooperativen Managementansatz. Schmidt setzt sich für eine Ethik des Theaters ein, in der Intendanten und Führungskräfte mehr Reflexion über ihre eigene Machtposition und den sozialen Impact ihrer Entscheidungen üben. Eine Theaterleitung, die sich an Prinzipien der Diversität, Offenheit und der gegenseitigen Wertschätzung orientiert, sei nicht nur moralisch, sondern auch künstlerisch erfolgreicher.
Besonders die Schilderungen toxischer Intendanten, die ihre Macht unkontrolliert ausüben, lassen aufhorchen. Es geht um Fälle von Demütigungen, verbaler Gewalt und Manipulation, die nicht nur das Betriebsklima vergiften, sondern auch die künstlerische Arbeit behindern. Die Analyse zeigt, dass der Mythos vom „genialen Diktator“, der nur im Alleingang herausragende künstlerische Leistungen vollbringen könne, überholt ist.
Zusammenfassend: Ethisches Theater ist ein Weckruf für die Branche. Eine eindringliche Aufforderung, überkommene Machtstrukturen aufzubrechen und den künstlerischen Betrieb auch ethisch auf tragfähige Beine zu stellen. Theaterleitungen, Intendanten, Beschäftigte, deren Vertretungen und die politisch Verantwortlichen sind aufgerufen, sich dieser Debatte zu stellen, um den Weg in eine nachhaltigere, gerechtere Zukunft für Theater und die dort Tätigen zu ebnen.
Gerald Mertens