Frauke Adrians

ENTFREMDUNG

Zu spät, zu leseunfreundlich, zu viel Internet: Was Senioren vom Konzertbesuch abhält

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: das Orchester 11/2023 , Seite 10

Gisela Meyer hat seit vielen Jahren ein Abo bei den Duisburger Philharmonikern. Mit dem Konzertangebot in der Mercatorhalle ist sie sehr zufrieden, sie schätzt die Kammer- fast noch mehr als die Sinfoniekonzerte und freut sich jedes Jahr, wenn die neue Spielzeit-Broschüre erscheint. „Dass die Musiker während der Corona-Zeit mit Fahrrädern in Duisburg und den Nachbarstädten unterwegs waren, um die Hefte zu den Abo-Kunden zu bringen, fand ich besonders nett“, sagt sie. Hin und wieder, je nach Lust und Laune und je nach den Konzertprogrammen, geht sie auch fremd und besucht Konzerte in Essen, Mülheim oder Oberhausen. „Das ist ja das Tolle am Ruhrgebiet, dass man ohne großen Aufwand verschiedene Städte erreichen kann“, findet Gisela Meyer.

Mit Mitte 80 fährt sie noch selbst mit dem Auto zu den meisten Konzerten, manchmal nutzt sie Bus und Straßenbahn. Nach Bochum und Dortmund ist es ihr zu weit. „Da müsste schon ein ganz außergewöhnliches Konzert auf dem Programm stehen, damit ich mich dahin auf den Weg mache. Das würde mir dann abends auch zu spät. Und das Angebot im westlichen Ruhrgebiet genügt mir.“

Alles in allem ist Gisela Meyer also eine glückliche Konzertbesucherin. Deshalb möchte sie auch nicht mit ihrem echten Namen zitiert werden: Sie will nicht als „Meckerliese“ dastehen, wie sie es nennt. Aber eines ärgert sie zunehmend: dass es ohne Internetzugang immer schwieriger wird, sich über Angebote zu informieren oder Tickets zu buchen. Meyer hat zwar einen Internet-Anschluss, sie besitzt sogar ein Tablet, das ihre Enkel ihr geschenkt haben. Aber ohne Hilfe kommt sie damit nicht zurecht, sie wagt nur dann, im Internet zu surfen, wenn einer ihrer Enkel dabei ist. „Ich denke immer, ich mache etwas falsch.“ Sobald Werbung aufploppt, ein Passwort verlangt wird oder eine Seite nicht sofort lädt, verliert sie die Geduld oder die Nerven und schließt alles wieder. Auch gutes Zureden ihrer Enkel kann sie nicht umstimmen: Das Internet bleibt ihr fremd, sie will damit am liebsten nichts zu tun haben.

Lesen Sie weiter in der Ausgabe 11/2023.