encores & more
Diese insgesamt 42 Interpretationen wurden bei einem 12-teiligen Konzertzyklus in Mannheim vor gut zehn Jahren aufgenommen: Der Geiger Friedemann Eichhorn, inzwischen Violin-Professor in Weimar, und der Pianist Peer Findeisen, ausgewiesener Kammermusikfachmann mit Lehraufträgen in Frankfurt und Mannheim, wandelten auf zwei Spuren das Duo schaute sich bei beliebten Zugaben großer Meister (Heifetz, Elman, Kreisler, Zyganow) um und widmete ihnen eine Hommage der technisch-virtuosen Kabinettstücke von Bartók bis Liszt, von Elgar bis Sarasate; außerdem hörten sich die beiden jungen Musiker in Kulturkreise ein
(Ungarn, Böhmen, Wien, Italien, England, Amerika usw.). Das Ergebnis dieser Encores: eine Reise in die Innerlichkeit des überrumpelnden Bravour-Affekts sowie ein (überwiegend) europäischer Dialog zwischen Romantik und neuer Sachlichkeit.
Zunächst ist man einfach mitgerissen vom Temperament der Beiträge. Das Duo versteht sich blendend, obwohl man den Eindruck gewinnt, dass der Klavierpart des Öfteren für die jeweiligen Komponisten/Arrangeure eine lästige Pflicht zu sein scheint. Da ist viel Lieblosigkeit im Spiel, aus der Findeisen jedoch immer noch einen pianistischen Funken schlagen kann. Aber die vier Saiten der Violine und das Feuerwerk auf ihnen dominieren eindeutig. Eichhorn legt meist los wie die Feuerwehr, um darüber aber nicht den eleganten, sogar schönen Ton zu verharmlosen. Ein Teufelsgeiger, um die romantische Variante des mitreißenden Solisten namentlich zu zitieren, der scheinbar jedes technische Problem negiert. Ob Hubay oder Poliakin, ob Mussorgskij oder Fiocco, ob Ravel oder Gershwin, ob Monti oder Wieniawski Eichhorn, von Findeisen jederzeit gut unterstützt, wandert durch diese oft folkloristisch geprägten Klang- und Tanzlandschaften mit stupender Überlegenheit. Charakteristika der Kulturen (Ungarn, Böhmen, Russland, Italien, Rumänien etc.) schwingen bewusst und doch wie beiläufig mit, weil Eichhorn auf didaktische Grundzüge total verzichtet. Er spielt, was dankbar und meist populär für das Saiteninstrument ist. Punktum.
Die zweite CD, die vielseitiger, -schichtiger und doch auch bruchstückhafter zwischen Frankreich, Spanien, Polen und Österreich u.a. angelegt ist, bestätigt den Rang dieser gemeinsamen Auftritte. Der Genuss, zwei kongeniale Interpreten mit antiprofessoralem, jugendlichem Drive zu erleben und ihnen durch die Länder-Schwerpunkte zu folgen, ist ungetrübt und dauerhaft. Vielleicht stellt sich nach diesem Hör-Gang nicht unbedingt die große Nachhaltigkeit ein. Zu sehr wird man eingefangen von der Lust an der Musikleidenschaft und der guten Laune mit tänzerischer Dynamik, um in eine anhaltende Nachdenklichkeit über Probleme der Musik und ihre Gefühlsausbrüche zu fallen.
Was solls: Wer sich trübe Gedanken einfach wegspülen lassen will, der sollte zu encores & more mit Eichhorn, 38, und Findeisen, 43, greifen. Mindestens mehrmals im Jahr. Und wer sich noch an große Begegnungen mit internationalen Geigencharakteren erinnern kann, der folgt erst recht diesem Kammermusik-Witz auf hoher Welle. Denn auch Eichhorn/Findeisen setzen intelligente und musikantische Maßstäbe.
Jörg Loskill