Encores as performed by Mstislav Rostropovich
Alban Gerhardt (Violoncello), Markus Becker (Klavier)
Wie für die meisten Cellisten meiner Generation war Mstislav Rostropowitsch einer der Hauptgründe, dem Cello gegenüber leidenschaftliche Gefühle zu hegen. Seine tiefe Bewunderung bringt der Cellist Alban Gerhardt gemeinsam mit dem Pianisten Markus Becker auf der CD-Einspielung Encores zum Ausdruck. Sie erscheint zeitnah zum zehnten Todestag von Rostropowitsch (1927-2007) und umfasst achtzehn Zugaben, die dieser selbst oft und gerne gespielt hat.
Gerhardt trifft dabei Mstislav Rostropowitschs Ton und setzt ihm ein musikalisches Denkmal, ohne ihn jedoch exakt zu kopieren: Auch wenn ich seine Interpretationen nicht imitieren wollte, bin ich einige Werke (z.B. die Chopin-Etüde oder Rachmaninows Orientalischen Tanz) langsamer und schwermütiger angegangen, als es für mich typisch gewesen wäre, nicht allein um Rostropowitsch zu würdigen, sondern auch einzugestehen, dass die wahre russische Seele etwas Dunkleres und Tieferes hervorbringt, als ich
es mir zunächst vorgestellt hatte.
Auf Encores finden sich mit der Humoresque und dem Moderato für Cello solo zwei Kompositionen aus Rostropowitschs eigener Feder, die die anderen Werke umrahmen. Die Humoresque ist ein effektvolles Virtuosenstück mit Moto-perpetuo-Technik, das ebenso wie der auf der CD auch vertretene Elfentanz von Popper und Christian Sindings Presto höchste technische Anforderungen an den Cellisten stellt.
Neben häufig gespielten Zugaben wie Rachmaninows Vocalise und Debussys Claire de Lune erklingen auf der CD auch etliche Bearbeitungen, die Rostropowitsch, verfeinert durch kleine Ergänzungen, selbst auf sein Instrument übertragen hat. Darunter sind beispielsweise der berühmte Marsch aus Prokofjews Oper Die Liebe zu den drei Orangen und die Walzer-Coda aus seinem Ballett Cinderella. Eine musikalische Ergänzung dazu bilden Igor Strawinskys Pas de deux aus dem Divertimento, das rhythmische und feurige Akzente setzt, und sein Russian maidens song, der durch folkloristische Züge in Erinnerung bleibt.
Die Werkauswahl auf Encores ist ganz im klassischen Verständnis von Zugaben gestaltet, ohne dabei jedoch künstlerischen und kompositorischen Anspruch vermissen zu lassen. Es ist im Gegenteil erstaunlich, wie viel musikalische Vielfalt hier zum Ausdruck kommt, ganz im Sinne von Rostropowitsch. Dieser war der Ansicht, die Interpretation kurzer, eingängiger Stücke verlange ebenso viel vom Künstler wie die der komplexesten Cellokonzerte.
Alban Gerhardt und Markus Becker überzeugen auf ihrer neuen Einspielung Encores mit interpretatorischer Varianz, Klangqualität und Ausdrucksstärke, ohne dabei allzu sentimental zu werden.
Anna Catharina Nimczik