Werke von Brahms, Schubert, Mendelssohn Bartholdy, Beethoven, Mozart, Händel, Chopin und Davidoff
Emanuel Feuermann – The Complete RCA Album Collection
Emanuel Feuermann (Violoncello), Jascha Heifetz (Violine), Franz Rupp, Arthur Rubinstein (Klavier), Philadelphia Orchestra, Ltg. Eugene Ormandy
Den Daumen locker abgestreckt, die übrigen Finger liegen in der vierten Lage ganz entspannt auf dem Griffbrett: Eines der Coverfotos von Emanuel Feuermann erzählt von der Leichtigkeit, mit der der Cellist jede Schwierigkeit auf dem Instrument meisterte. Für Arthur Rubinstein war der am 25. Mai 1942 mit 39 Jahren in New York an den Folgen einer Operation verstorbene Jude, der 1933 nach Adolf Hitlers Machtergreifung aus Berlin emigrieren musste, „der größte Cellist aller Zeiten.“ In der von Sony Classical vorgelegten, sieben CDs umfassenden Box sind Feuermanns letzte Aufnahmen vereint, die zwischen dem 13. Januar 1939 und dem 13. September 1941 entstanden sind. Ein reiches Vermächtnis, das seine Ausnahmestellung unterstreicht!
Mit Johannes Brahms’ Doppelkonzert am 21. Dezember 1939 begann die künstlerische Zusammenarbeit von Jascha Heifetz und Emanuel Feuermann. Es begegnen sich zwei Genies auf Augenhöhe, die trotzdem Teamplayer sind. Im von Eugene Ormandy sehr schnell genommenen ersten Satz lösen sich die Linien zwischen Violine und Cello perfekt ab. Nur beim Philadelphia Orchestra läuft nicht alles glatt im Zusammenspiel, gerade bei den Pizzicati. In Ernest Blochs Schelomo wird Feuermanns schlackenloser, leuchtender Ton noch eine Spur intensiver. Strauss’ Don Quixote begeistert im Solocello durch Klangfarbenreichtum und erzählerische Freiheit.
Der Schwerpunkt der RCA-Aufnahmen liegt auf der Kammermusik – gleich drei CDs wurden mit dem Dreamteam Jascha Heifetz und Arthur Rubinstein eingespielt. Der Pianist verbindet Eleganz mit Brillanz. In Schuberts erstem Klaviertrio in B-Dur begeistern die beiden Streicher mit sprechender Artikulation und Genauigkeit im Detail. Auch Beethovens Erzherzog-Trio op. 97 besticht mit rhythmischer Präzision – so im heiklen Finale, wenn Rubinstein noch die schnellste Quintole durchsichtig serviert. Aber auch als Streichtrio mit dem Bratschisten William Primrose glänzen Heifetz und Feuermann in Ernst von Dohnányis C-Dur-Serenade mit lockerem Spiccato und atemberaubender Virtuosität. Nur Mozarts Divertimento in Es-Dur KV 563 wirkt heute mit seinen vielen Portamenti und den durchvibrierten Spitzentönen im Adagio stilistisch ein wenig überholt.
Auf der letzten CD zeigt Emanuel Feuermann, kongenial begleitet von Rudolf Serkin, nochmals exemplarisch seine Meisterschaft. Kein Nebengeräusch trübt seine perfekte Bogenführung. Die leichte Ansprache seines Stradivari-Cellos liegt an der präzisen linken Hand, mit der er auch den Flageolettzauber von Chopins Polonaise brillante aus dem Ärmel schüttelt. Selbst aus der kompositorisch übersichtlichen Virtuosennummer Am Springbrunnen von Karl Davidoff macht Feuermann mit federleichtem Sautillét und leuchtendem Ton im Mittelteil hörenswerte Musik.
Georg Rudiger