Mischke, Joachim / Michael Zapf

Elbphilharmonie

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Edel, Hamburg 2016
erschienen in: das Orchester 06/2017 , Seite 58

Wer in den vergangenen Jahren Zeitungsartikel, Bilder, Dokumentationen und Computeranimationen zum Projekt „Elbphilharmonie“ gesammelt hat, kann jetzt den ganzen Zettelkram wegwerfen, denn es liegt ein großformatiges Buch vor, das die gesamte Entwicklung anschaulich nachzeichnet: angefangen von der kühnen Idee bis zur Fertigstellung und – ja, ich nenne es so – bis zur schließlichen Verklärung. Es ist vor allem ein Bilderbuch, ein Buch mit tollen, perspektivenreichen Fotografien des sogenannten neuen Wahrzeichens der Stadt Hamburg. Der Leser bekommt in Wort und Bild tiefe Einblicke in Architektur und Ingenieurskunst geboten und erfährt von politischen Rangeleien, Eitelkeiten der Beteiligten und schlichtem Versagen. Immer dargestellt aus dem Geist der Vorfreude auf ein Gebäude, in dem Musik in Perfektion gespielt werden soll.
Idee, Konzeption und Texte stammen von Joachim Mischke. Er ist Chefreporter des Hamburger Abendblatts und dort zuständig für Kultur. Die Elbphilharmonie hat er von Anfang an und durch alle Höhen und Tiefen ihres Entstehens begleitet. Es dürfte wenige Personen geben, die mit diesem Gebäude im Kontext der „Musikstadt Hamburg“ so intim vertraut sind wie er. Auf der Bildebene gilt dasselbe für Michael Zapf, den Schöpfer der wunderbaren Fotos. Seit mehr als dreißig Jahren beobachtet und dokumentiert er die Stadt mittels Objektiv. Besonders schön aus der Vogelperspektive.
Das Buch spricht den Leser oft in hohem Ton an, so wie in diesem kleinen Ausschnitt aus dem Prolog: „Hier ist ein Gebäude entstanden, von dem die Stadt Hamburg als Ganzes, als Stadtgesellschaft enorm profitiert. In jeder Hinsicht, bei Weitem nicht nur finanziell. Sie ist das buchstäblich herausragende Beispiel für den Wandel der Stadt, die mit der Hafencity am Ufer der Elbe ein neues Kapitel ihrer Geschichte schreibt.“ Man liest häufig vom „Haus für alle“, denn demokratisch soll die Elbphilharmonie sein. „Ein wahrgewordener Traum, zu dem die ganze Welt kommen wird, denn es gibt in der Welt der Musik kein anderes Gebäude wie sie, die Elbphilharmonie.“ So schwärmerisch hat es Kent Nagano formuliert, der Generalmusikdirektor Hamburgs.
Sehr besonders ist die Elbphilharmonie tatsächlich. Provoziert im Wortsinn von einem gewaltigen alten Backstein-Kaispeicher für Kakao und Gewürze, der zwar seine Funktionen verloren hat, aber unübersehbar geblieben ist. Irgendwann hat ein Schweizer Architekt auf ein Foto dieses Trumms der alten Hafenbebauung eine große aufsteigende Welle gemalt. Das war 2001, Startschuss für viele Jahre, in denen Ideen, Widerstände, Debatten, Unruhe, Verletzungen und sogar das Scheitern des Projekts Hamburgs Öffentlichkeit in Atem gehalten haben.
Elbphilharmonie erzählt und zeigt die Entstehung eines Bauwerks – Konzerthaus, Hotel, Wohngebäude. Die Sache mit der Musik ist dann ein neues Kapitel.
Kirsten Lindenau