Quantz, Johann Joachim

Eight Caprices

and other wroks for solo flute

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Paladino, Wien 2015
erschienen in: das Orchester 11/2015 , Seite 76

Johann Joachim Quantz wurde 1697 als fünftes Kind eines Hufschmieds geboren; er starb im Jahr 1773 als Kammermusikus, Hofkompositeur und Flötenlehrer Friedrichs des Großen. Eine steile Karriere, die zweifelsohne auch einen Teil seines Ruhms für die Nachwelt ausmachte. Daneben ist er heute in erster Linie als Autor des Buchs Versuch einer Anweisung die Flöte traversière zu spielen bekannt, einer 1752 erschienenen Flötenschule, die doch viel mehr als das ist: Noch heutige Musiker – und nicht nur Flötisten – konsultieren dieses Werk wegen der darin enthaltenen, umfassenden und kenntnisreichen Informationen zu Stilistik und Aufführungspraxis der Zeit.
Doch Quantz hinterließ auch ein recht umfangreiches Œuvre an Werken, vor allem für die Traversflöte, begleitet und unbegleitet; doch auch andere Instrumente wurden von ihm berücksichtigt. Umso erstaunlicher scheint es, dass nur relativ wenige von seinen Kompositionen heute in modernen Editionen verfügbar sind. In diesem neuen Heft nun finden sich achtzehn Werke des Flötisten und Komponisten – darunter acht Capricios [sic!], aber auch Fantasias, einige Tanzsätze und ein Praeludium für Flöte solo –, aber auch fünf Stücke von Komponisten, die Quantz sehr schätzte, nämlich Johann Martin Blochwitz und Michel Blavet.
Die Werke unterscheiden sich zwar durchaus im Schwierigkeitsgrad, aber keines davon ist für Anfänger geeignet. Der Ambitus reicht von d1 bis a3; somit lotete Quantz die Möglichkeiten der barocken Traversflöte, für die alle Stücke natürlich geschrieben wurden, restlos aus. Viele der Werke gemahnen an Etüden: gebrochene Akkorde und Intervalle, gleichmäßig in Sechzehnteln verlaufende Tonleitern oder -ausschnitte, durch ein ganzes Stück hindurch wiederholte rhythmische Modelle, aber auch knifflige rhythmische Wechsel, etwa zwischen Vierer- und Dreiergruppen. Getragene Melodien jedenfalls sind eher in der Minderheit. Dennoch möchte man hier nicht einfach von Übungsstückchen sprechen, denn die meisten besitzen durchaus harmonische Reize, die sehr zum wiederholten und im rechten Rahmen selbst konzertanten Spiel einladen.
Die Edition des amerikanischen (modernen) Querflötisten Eric Lamb ist hinsichtlich des Notentextes durchaus gelungen, der Druck ist klar, die Ausgabe blätterfreundlich eingerichtet. Man kann sich allerdings an gewissen ästhetischen Eigenheiten stören: So sind alle Namen und Stückbezeichnungen klein geschrieben; insbesondere bei den Angaben zum Quantz-Werkverzeichnis ist das irritierend. Auch scheint es herzlich überflüssig, dass vor jedem Titel noch eine Nummer des Stücks im Heft steht; das verwirrt nur. Die Seitenzahlen allein wären eigentlich vollkommen ausreichend gewesen, um sich auf 36 Seiten nicht zu verlieren. Das Vorwort offeriert in schlechtem Englisch knappe Informationen zu Quantz, seinem Leben und Werk; jedwede historisch-kritische Anmerkungen zu Notentext oder Edition fehlen allerdings.
Andrea Braun