Werner Grünzweig/ Gerhard Gensch

Eduard Erdmann

Archive zur Musik des 20. und 21. Jahrhunderts, Bd. 15

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Bockel
erschienen in: das Orchester 03/2019 , Seite 59

Der von Werner Grünzweig und Gerhard Gensch im Auftrag des Archivs der Akademie der Künste herausgegebene Band über Eduard Erdmann (1896-1958) beruht auf ausgewählten Beiträgen aus fünf Symposien der Eduard-Erdmann-Gesellschaft, die von 2013 bis 2017 stattfanden. Das Beachtenswerte dieser Zusammenarbeit ist die Fülle von authentischem Material wie Briefkorrespondenz, Faksimiles, Zitate aus Presseberichten, Bilder und Notenbeispiele und Inventar der Musikalien aus dem Nachlass des Komponisten, das den beteiligten Autoren als Interpretationsbasis dient. Im Zentrum des letzten Teils des Bandes, „Aus dem Archive“ von Hans Heinz Stuckenschmidt, steht der Briefwechsel der Familien Erdmann und Schnabel, Würdigungen und Erinnerungen an den Komponisten wie auch eine knappe, aber inhaltsreiche Übersicht des Lebenswegs, Kompositionsstils und der Charakterzüge Erdmanns im Licht seiner Umwelt.
So entpuppt sich im Spiegel der Umbruchzeit des frühen 20. Jahrhunderts eine ungewöhnliche künstlerische Persönlichkeit: ein „denkwürdiges Ereignis“, das die Konventionen völlig missachtet hat, so Ernst Krenek. Der gefeierte Pianist und Komponist mit enzyklopädischen Kenntnissen aus der Philosophie und allen Bereichen der Künste strebte nicht wie Schönberg nach ästhetischer Erneuerung der Musik, sondern, wie Werner Grünzweig hinweist („Eduard Erdmann: Polyhistor“), ihre zukünftigen We­ge als eine Sackgasse sah. Ähnliches gilt auch für seinen Kompositionslehrer Heinz Tiessen und den Freund Krenek, die einen Kreis um das Ehe­paar Artur und Therese Behr-Schnebel bildeten. Diese künstlerische Atmosphäre, die als „Zeitdiagnose“ („Untergang ohne Ausgang“) erscheint, beschäftigt Valeska Bertoncini und Reiner Niehoff in ihrem Beitrag „Hans Jürgen von der Wense im Orbit Eduard Erdmanns“.
Über den Scharfblick und die seelische Großzügigkeit seines älteren Freundes und Mentors, des großen Pianisten Artur Schnabels, wie auch über die kritische, doch liebenswürdige Auseinandersetzung mit seinem Schaffen und Konzertspiel seitens seiner Gattin, der Sängerin Therese Behr, erfahren wir weiterhin aus dem Artikel Julia Glänzels „Artur und Therese Schnabels Beobachtungen zu Erdmann und anderen musikalischen Zeitgenossen“. In seiner vergleichenden theoretischen Untersuchung „Symphonische Formung in freitonaler Linearität. Eduard Erdmann und Heinz Tissen“ analysiert Christoph Schlüren am Beispiel konkreter Werke die lineare Entfaltung der klingenden Materie, die eine dynamische Formung durch die innewohnenden energetischen Kräfte, ähnlich dem organischen Wachstum, ergibt.
Gegenstand der weiteren Beiträge sind die persönlichen Züge (Matthias Henke), das Erscheinungsbild (Anne Fritzen), das Liedschaffen (Gerhard Gensch) und die pianistische Interpretation Erdmanns. Die pianistische Tätigkeit Erdmanns im Baltikum im Kontext der lettischen und westeuropäischen Musikkultur ist Mittelpunkt der Beiträge von Lolita Fürmane und Baiba Jaunslaviete.
Maria Kostakeva

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