Werke von Franz Lehár, Werner Richard Heymann, Richard Tauber und anderen

“Du bist die Welt für mich” Jonas Kaufmann

Julia Kleiter (Sopran), Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Ltg. Jochen Rieder

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Sony Classical 88883757412
erschienen in: das Orchester 02/2015 , Seite 78

Diese Aufnahme mit dem Tenor „Darling“ Jonas Kaufmann war „fällig“. Nach Wagner (Parsifal) und Strauss (Ariadne), nach Verdi (Don Carlos) und Schubert (Winterreise) beispielsweise musste die „Erholung“ mit der angeblich leichten Muse kommen. Jonas Kaufmann, eigentlich der Sänger für das „schwere Fach“, unternimmt diesen Abstecher zur U-Musik mit vollem Genuss. Er folgt damit den Spuren eines Richard Tauber, eines Fritz Wunderlich oder eines Rudolf Schock. Sie alle fühlten sich in diesem Herzschmerz-Fach sehr wohl. Das gilt auch für Kaufmann.
Und so wählt er mit vokaler Eleganz die volkstümlichen Hits von einst – von Ein Lied geht um die Welt bis zu Frag nicht, warum ich gehe, von Du bist die Welt für mich bis Gern hab ich die Frau’n geküsst, von Grüß mir mein Wien bis Freunde, das Leben ist lebenswert – ein Schlager folgt dem anderen. Lehár, May, Stolz, Heymann, Benatzky, Kálmán, Abraham, Spoliansky, Künneke geben sich mit ihren Ohrwürmern des frühen 20. Jahrhunderts die musikalische Klinke in die Hand. Nur Erich Wolfgang Korngolds Liebeslied aus der Toten Stadt-Oper mag da nicht ganz passen… Alte Operetten- und Liederseligkeit mit einer Hommage an tausend Klischees, die jedoch die Konzertsäle der Welt eroberten, geben sich ein Stelldichein.
Und plötzlich wird die tenorale Strahlkraft Kaufmanns, der die großen Bögen bei Richard Wagner so mühelos „stemmt“, nur noch elegant, sogar leicht und schwebend. Dass diese Songs mit ihren Weisheiten und Appellen an Amore durchaus musikalische Substanz besitzen, war ja der Grund, weswegen sie bis heute populär sind. Und weswegen viele bedeutende Sänger zu diesen Noten gern greifen: zwecks Abwechslung und der bereits genannten Erholung. Der helle und lyrisch grundierte Koloratursopran von Julia Kleiter passt bestens zum Programm und zum Partner.
Kaufmann hatte diesen Seitensprung bereits erfolgreich auf der Berliner Waldbühne live ausprobiert. Damals schon, im Sommer 2011, entstand der Plan, der „Traumfabrik Berlin“ (und auch von Wien) dieses
CD-Denkmal zu setzen. Der Einsatz hat sich gelohnt. Kaufmann garantiert bei diesem Liederschmelz leichte Gänsehaut beim Hörer, bei der Hörerin – als angenehmen Wohlfühl-Effekt.
Das Runkfunk-Sinfonieorchester Berlin unter dem Dirigenten Jochen Rieder assistiert den Solisten liebevoll, aber nicht besonders auffällig. U-Musik kann ja so süffig sein!
Jörg Loskill