Dresdner Fagottkonzerte aus Schranck II

Bemerkenswert bei dieser Einspielung ist die Herkunft der Werke. Die vier Konzerte für Fagott, Streicher und Basso continuo stammen alle aus dem „Schranck II“, aus dem Besitz der Sächsischen Staatskapelle. Der ehemalige Konzertmeister des Orchesters, Johann Georg Pisendel (1687-1755), war auch für das Kammer- und Tafelmusik-Repertoire des Orchesters verantwortlich. Seine angesammelten Musikalien aus dieser Zeit waren als Nachlass in jenem „Schrank II“ der Staatskapelle aufbewahrt. Die Sammlung beinhaltet überwiegend Werke für Solovioline mit Begleitung sowie einige Stücke für andere Soloinstrumente. Dieser
besondere Bestand hat über die Jahrhunderte mehrere kriegerische Verwüstungen überlebt. Die Werke aus diesem Schranknachlass, die hier zu hören sind, sind wahrhaft „Kabinettstücke“.
Die Fagottkonzerte auf dieser CD stammen von Johann Gottlieb Graun (1703-1771), Anton Reiche­nauer (1694-1730) und Franz Horneck (ca. 1690/95-1724). Diese Solo­konzerte waren als Abschriften aufbewahrt und zählen zum Kapellerbe. Obwohl das Konzert für 2 Hörner, Streicher und Basso continuo von Georg Philipp Telemann nicht aus demselben Nachlass stammt, ist anzunehmen, dass Telemann das Werk 1719 in Dresden für die Kapell-Hornisten komponierte.
Alle Musiker dieser Aufnahme spielen auf modernen Instrumenten, aber in der Spielpraxis des frühen 18. Jahrhunderts. Das Ergebnis ist beeindruckend und reizvoll. Die Streicher spielen sauber und fein. Fa­gottsolist Erik Reike beweist technische Höchstleistung mit schneller und präziser Virtuosität und warmem Cantilenenklang. Die beiden Hornsolisten Harald Heim und Klaus Gayer sind auf ihren Instrumenten ebenso versiert. Sie überzeugen jeweils mit strahlender, klarer Höhe und mit weichem, warmem tiefen Register.
Die Musikwissenschaftlerin Ortrun Landmann, Expertin für den kursächsischen Hof zu Dresden und die Sächsische Hofkapelle, hat die Bookletbeiträge geschrieben, die englische Übersetzung ist von Hannes Rox. ARS Produktion, von Annette Schumacher gegründet, ist ein bedeutendes Klassiklabel. Für die hervorragende Aufnahmequalität dieser Einspielung sind die Tonmeister Manfred Schumacher und Martin Rust zuständig. Diese SACD (Super Audio CD) mit Hybrid-Disc-Technologie kann auch auf herkömmlichen CD-Spielern abgespielt werden. Sie kombiniert die präzise digitale Wiedergabe mit dem warmen analogen Klang.
Die Dresdener Kapellsolisten unter der Leitung von Helmut Bran­ny sind alle Mitglieder der Sächsischen Staatskapelle. Seit 1994 bemüht sich das Ensemble, das Musikerbe aus verschiedenen Epochen texttreu zu musizieren. Die klangliche Schönheit dieser Einspielung überzeugt.
Thomas Swartman