Werke von Simone Fontanelli und Ludwig van Beethoven
Dresden Septet – Homage to Beethoven
Dresden Chamber Soloists
Zu den spannendsten Kammermusikwerken der Zeit um und nach 1800 gehören zwei groß besetzte und groß dimensionierte Kompositionen: das Septett Es-Dur op. 20 von Ludwig van Beethoven und das sich das Werk des Bonner Meisters zum Vorbild nehmende Oktett von Franz Schubert. Trotz des Nonetts von Louis Spohr und des Oktetts von Mendelssohn, das ja eigentlich ein Doppelstreichquartett ist, gibt es keine vergleichbaren Werke.
Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass die aus Mitgliedern der Sächsischen Staatskapelle Dresden bestehenden Dresden Chamber Soloists, die sich 2019 bei der Erarbeitung eines Projekts zu Mieczysław Weinberg formierten, ein neues Werk in der Besetzung von Ludwig van Beethovens Septett in Auftrag gaben. Der 1961 in Mailand geborene Komponist Simone Fontanelli schuf für sie im Beethoven-Jahr 2020 sein Dresden Septet – Homage to Beethoven. Das viersätzige und knapp 28-minütige Werk haben die Chamber Soloists nun zusammen mit dem „Original“, also Beethovens op. 20, auf CD eingespielt.
Simone Fontanellis Reverenz an Beethoven ist sehr überlegt. Der Komponist greift auf der einen Seite Zitate des Klassikers auf, auf der anderen aber auch dessen Gesten und Ausdruckshaltung. Daraus entwickelt er in vier Sätzen oder auch Visionen, wie sie im Booklet genannt werden, musikalische Reflexionen über den Ton und den Geist der Beethoven’schen Musik. Diese sind sehr kontrastreich und wandlungsfähig. Sie bewegen sich, wie Beethovens Werke eben auch, zwischen leidenschaftlicher Dramatik und utopischen Ebenen. Dass die Dresden Chamber Soloists das für sie komponierte Werk mit großer Überzeugungskraft musizieren, versteht sich.
Beethoven hat sein Septett ganz offensichtlich selbst sehr geschätzt. Und es verbindet seine kompositorische Kunst und Innovationskraft, die dabei die Musik auf neue Wege führte, mit einer außerordentlich wirkungsvollen und zündenden Tonsprache. Nicht zuletzt deshalb gehört es zu seinen reizvollsten Stücken.
Die Aufnahme der Dresden Chamber Soloists macht die Qualität des Septetts auf eindrucksvolle Weise erlebbar. Vor allem zeigt sich die Klangkultur der „Wunderharfe“, wie Richard Wagner die Staatskapelle einst bezeichnet hat, auch im Spiel der sieben exponierten Musiker des Klangkörpers: Ihr Spiel hat bei Beethovens Septett ebenso ausgefeilten kammermusikalischen Schliff und eine diskursive Lebendigkeit in der ausgewogenen musikalischen Kommunikation als auch Wärme in Ton und Ausdruck sowie eine wunderbare Klangkultur. Allein der Ausgleich zwischen den drei Holzbläsern und den vier Streichern ist idealtypisch. So liegt hier eine absolut erstklassige Interpretation des Werks vor.
Karl Georg Berg