Reger, Schubert
Dreamer
Works for violin and piano by Reger and Schubert. Anna Sophie Dauenhauer (Violine), Lukas Maria Kuen (Klavier)
Ein klein wenig irreführend ist der Titel Dreamer („Träumer“) schon, wenn einem mit dem Start der vorliegenden CD die volle Wucht des Kopfsatzes von Max Regers letzter Violinsonate entgegenschlägt. Ein kurzer Blick ins Booklet macht dann aber schnell klar, dass sich dieser Titel auf drei Bearbeitungen von Liedern Regers für Violine und Klavier bezieht, die so etwas wie den beruhigenden Übergang von überbordender Spätromantik zu klassischer Schlichtheit auf diesem Tonträger markieren.
Doch der Reihe nach und zurück zur Violinsonate op. 139 von Max Reger, die Anna Sophie Dauenhauer und Lukas Maria Kuen am Beginn dieses 70-minütigen CD-Programms so ungemein fesselnd und brillant vorstellen, dass man während des gesamten „Con passione“ betitelten Kopfsatzes kaum zum Atmen kommt. Die beiden Vollblut-Kammermusiker beherrschen die gesamte Skala der hier geforderten musikalischen Ausdrucksmittel vom heroischen Aufschwung und der großen sinfonischen Geste bis hin zum ganz zurückgenommenen Sotto-Voce-Gesang. Brillant in der Virtuosität, glasklar in allen Details und äußerst lebhaft im Zusammenspiel ist diese Sonate in allen vier Sätzen ein perfekt musiziertes Argument für mehr Max Reger im Konzertsaal.
Drei selbst arrangierte Reger-Lieder bietet das Duo Dauenhauer/Kuen zumindest hier schon einmal als Zugabe an – wobei „Zugabe“ der Dramaturgie auf dieser CD eben nicht ganz gerecht wird: Die wunderbar schlicht und klangschön musizierten Lieder schließen sich konsequent an das fein ausbalancierte und ruhig ausklingende Sonaten-Finale mit seiner Variationenfolge an. Und die drei kurzen Lieder sind auch eine wunderbare Vorbereitung auf die Klangsprache der beiden Sonatinen von Franz Schubert, die Anna Sophie Dauenhauer und Lukas Maria Kuen genauso überzeugend wie die Reger-Sonate zu Gehör bringen, die aber eben in einer so ganz anderen musikalischen Welt zuhause sind.
In allen Details perfekt ist auch hier das von der Tontechnik brillant abgebildete Zusammenspiel der beiden Musiker. Doch ganz wie es Franz Schuberts in ihrer unprätentiösen Schlichtheit wirkungsvolle Sonatinen erfordern, nehmen sich Dauenhauer und Kuen vornehm zurück und schaffen es sogar, die ja durchaus sehr unterschiedlichen Klangspektren von Violine und Klavier als musikalische Einheit erscheinen zu lassen. Die Ecksätze wirken leichtgängig und beredt, und die beiden Andantesätze weisen einen perfekten Puls und eine gesangliche Mitte auf. So muss es Schubert wohl gemeint haben.
Daniel Knödler