Franz und Carl Doppler
Doppler Discoveries
András Adorján & Emmanuel Pahud (Flöte), Jan Philip Schulze (Klavier), Arcis Hornquartett
Unter den Flötenvirtuosen des 19. Jahrhunderts fallen die Brüder Franz und Carl Doppler durch die Perfektion ihres Zusammenspiels und ihre meist anspruchsvollen Kompositionen auf, die immer noch sehr beliebt sind, wie zahlreiche Einspielungen beweisen. Für die während ihrer Arbeit als Dirigenten entstandenen Bühnenwerke, die sich ähnlich wie die Flötenmusik an der Idee einer nationalen ungarischen Musiktradition orientieren, gilt das trotz damals erfolgreicher Aufführungen leider nicht. Gut, dass sie wenigstens im Booklet Erwähnung finden.
Schon auf dem Cover demonstriert die aktuelle CD die starke Identifikation von András Adorján und Emmanuel Pahud mit den Dopplers, indem ihre Köpfe in die Abbildung der beiden Brüder eingefügt wurden, und sie bringt in der Tat das Repertoire substantiell Erweiterndes. Neu ist, dass es sich bei Andante und Rondo op. 25 für zwei Flöten und Klavier um den 3. und 4. Satz einer vollständigen Sonate handelt. Franz Doppler schickte sie zusammen mit anderen Arbeiten im Februar 1873 an den Schott-Verlag. Man kann nur spekulieren, warum die ersten beiden Sätze, ein Sonatensatz und ein Menuett, das auch ein Scherzo sein könnte, zurückgezogen wurden – vielleicht aus Sorge, mit dieser Form nicht den Publikumsgeschmack zu treffen.
Als Variante und Ergänzung eines weiteren Werks, der Ungarischen Fantasie op. 26, wird ein „Chant pastoral hongrois“ für zwei Flöten und Klavier vorgestellt, ohne Opus und wohl wie op. 25 eine Gemeinschaftskomposition. Das Stück beginnt in den Flöten zunächst wie gewohnt, bringt in der Fortsetzung aber neues Material. Es könnte sich dabei um die Urfassung handeln, doch gegenüber dem äußerst populären op. 26 wird es diese Version vermutlich nicht leicht haben.
Bisher unbekannt waren auch zwei Kompositionen für Flöte und Klavier, naturgemäß seltener im Werk der beiden zu finden. Die Grande Fantaisie von Franz Doppler ist um 1850 entstanden, sie enthält virtuose Variationen und einen Satz in Bolero-Form. Die Variations sur un air hongrois von Carl Doppler sind ein Zufallsfund (um 1860) und folgen formal dem Verbunkos-Muster langsam-schnell. Sie sind besonders interessant, da sie eines seiner wenigen selbstständigen Werke sind.
Schließlich folgen mit op. 39 Aus der Heimat noch einige mit virtuosen Effekten für die beiden Flöten versehene Nationalmelodien der Donaumonarchie, die 1879 anlässlich der Silberhochzeit des Kaiserpaares bestellt worden waren. Und nicht zu vergessen das zwar nicht neu entdeckte, aber wegen der ungewöhnlichen Besetzung selten zu hörende Waldvögelein op. 21, das im bezaubernden Zusammenspiel von Flöte und Arcis Hornquartett als zur Idylle geronnene Naturschilderung erscheint.
Alles in allem eine sehr hörenswerte Einspielung auf hohem Interpretations-Niveau, was sich aber bei diesen beiden Flötisten und ihrem engagierten, eigene Impulse liefernden Pianisten Jan Philip Schulze von selbst versteht.
Ursula Pesek