Strauss, Richard
Don Juan op. 20/Ein Heldenleben op. 40
Münchner Philharmoniker, Ltg. Valery Gergiev
So wie viele große Orchester haben auch die Münchner Philharmoniker mit MPhil ein eigenes CD-Label gegründet; den Vertrieb übernimmt Warner Classics. Erschienen sind seit 2016 bereits mehrere ältere und auch einige neuere Aufnahmen, nicht zuletzt mit dem russischen Chefdirigenten und bekennenden Putin-Freund Valery Gergiev, der seit 2015 amtiert und das Vorhaben maßgeblich befördert hat. In einer Pressemitteilung heißt es: Das Orchester wird bis zu sechs neue Aufnahmen pro Jahr veröffentlichen, und ein besonderes Gewicht liegt dabei auf dem reichhaltigen deutschen Repertoire und den Werken jener Komponisten, mit denen das Ensemble seit seiner Gründung vor beinahe 125 Jahren eng verbunden ist. Vor diesem Hintergrund ist auch zu erklären, warum Einspielungen von Werken veröffentlicht werden, deren Marktsättigung kaum noch zu steigern ist: Bruckners Vierte, Mahlers Zweite und nun mit Don Juan und Ein Heldenleben zwei Tondichtungen von Richard Strauss. Dass diese Aufnahme trotzdem nicht überflüssig ist, liegt an der Sinnlichkeit und zupackenden Stringenz von Gergievs Dirigat. Und natürlich an der über alle Zweifel erhabenen Qualität der Münchner Philharmoniker, die fantastische Einzelleistungen (Trompete! Horn! Oboe!) ebenso zur Geltung bringen wie den Zusammenklang des Ensembles.
Noch etwas besser als das Heldenleben gelingt dabei die frühere Tondichtung Don Juan (1889), die in Perfektion jugendfrischen Sturm und Drang (bei höchstem Tempo herrlich transparent und präzise) und üppigsten, schillernden Überfluss des Fin de Siècle vereint. Den Tonmeistern und der Instrumentationskunst von Richard Strauss ist es zu danken, dass Blechbläserkraft die vielen Feinheiten etwa in den Holzbläsern nicht zudeckt.
Das Heldenleben von 1898 bezog Richard Strauss als musikalisches Heldenportrtät wohl eher ironisch auf sich, konnte die Nachwelt aber nie vollends von seiner Distanz überzeugen. Spaß misslungen. Das Booklet dieser CD versucht mit vielen kleingedruckten Worten eine Ehrenrettung. Musikalische Zurückhaltung zu üben funktioniert bei dieser orchestralen Materialschlacht jedenfalls nicht und natürlich schlagen Gergiev und die Münchner Philharmoniker diesen Weg auch nicht ein.
Ganz so straff wie in Don Juan gelingen die Bögen aber nicht immer, zumal nicht am Anfang mit seiner weit ausgreifenden Melodie, die eher mulmig als sehnig daherkommt. Hinreißend schön und, ja, schmalzig glückt dagegen des Helden Weltflucht und Vollendung. Und ein ganz besonderes Erlebnis ist das Violinsolo des Konzertmeisters Lorenz Nasturica-Herschcowici, der des Helden Gefährtin als zupackende und emanzipierte, nichtsdestotrotz sinnliche und verführerische Frau porträtiert.
Johannes Killyen


