Ferruccio Busoni
Doktor Faust
Dietrich Henschel, Daniel Brenna, Wilhelm Schwinghammer, Joseph Dahdah, Olga Bezsmertna, Florian Stern, Orchestra e Coro del Maggio Musicale Fiorentino, Ltg. Cornelius Meister
Dieses Jahr jährte sich der Todestag des Komponisten Ferruccio Busoni zum hundertsten Mal. Grund genug für das Label Naxos, seine in den Jahren 1916–1924 entstandene und 1925 posthum uraufgeführte Oper Doktor Faust nun auf CD herauszubringen. Hierbei handelt es sich um einen am 14. Februar 2023 am Teatro del Maggio Musicale Fiorentino, Florenz entstandenen Live-Mitschnitt. Das Werk hat bisher eher ein Schattendasein geführt. Im Jahre 2005 konnte es einen ersten Höhepunkt für sich verbuchen, als seine Inszenierung von Jossi Wieler und Sergio Morabito an der Staatsoper Stuttgart von der Zeitschrift Opernwelt zur Aufführung des Jahres gekürt wurde. Diese moderne Produktion, die von dem Regieteam zuvor bereits für San Francisco erarbeitet wurde, war fantastisch, sie ist noch in bester Erinnerung. Meistens wird der Doktor Faust in der Fassung mit der bekannten Ergänzung von Anthony Beaumont aus dem Jahre 1982 gespielt. Auf der vorliegenden CD ist das von Philipp Jarnach, einem Schüler Busonis, nach dessen Tod nachkomponierte Ende zu hören.
Es ist eine teilweise sehr dramatische Musik, die Busoni geschrieben hat, die indes auch herrliche Lyrismen aufweist. Dirigent Cornelius Meister, der GMD der Staatsoper Stuttgart, bringt sie mit einer unglaublichen Verve und großer Intensität zu Gehör. Perfekt lotet er die verschiedenen Stimmungen der Oper aus und legt die Strukturen der Partitur gekonnt offen. Der große musikalische Zusammenhang wird von Meister nie aus den Augen verloren. Andererseits wartet er aber auch mit einer soliden Detailarbeit auf. Die Folge ist ein abwechslungsreicher, differenzierter und ausgewogener Klangteppich. Das gut disponierte Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino setzt seine Intentionen trefflich um.
Gesanglich bleiben viele Wünsche offen. Am besten schneiden noch der wunderbar sonor und mit bester italienischer Technik singende Bassist Wilhelm Schwinghammer als Wagner und Zeremonienmeister sowie die warm und gefühlvoll singende Olga Bezsmertna in der Rolle der Herzogin von Parma ab. Diese beiden erbringen grandiose Leistungen, an die die anderen Sänger:innen nicht anzuknüpfen vermögen. Dietrich Henschel ist ein dünn und ausdruckslos singender Doktor Faust, der insbesondere in der Höhe gerne vom Körper weggeht. Gänzlich ohne die erforderliche Körperstütze der Stimme präsentieren sich auch die beiden Tenöre Daniel Brenna (Mephistopheles, Nachtwächter) und Joseph Dahdah (Herzog von Parma, Soldat). Unter den weiteren kleinen Partien und Nebenrollen vernimmt man nur wenig Gutes. Größtenteils wird auch hier ziemlich flach gesungen.
Ludwig Steinbach