Manuel Lipstein

Doch die Erde bebt!/ Guitarresco/ Vier Traumbilder

für Violoncello solo

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Walhall
erschienen in: das Orchester 03/2021 , Seite 68

Der 19-jährige Cellist Manuel Lipstein hat sich bereits mit beacht­lichen Erfolgen einen Namen er­spielt. 2018 gewann er als jüngster Teilnehmer den 3. Preis beim To­nali-Musikwettbewerb Hamburg und wurde zudem mit ersten Preisen beim Concours Flame in Paris sowie beim Concours Violoncelle Prix Edmond Baert ausgezeichnet. Als Solist trat Manuel Lipstein u.a. mit dem WDR Sinfonieorchester Köln und der Deutschen Kammerphil­harmonie Bremen in Erscheinung, kammermusikalisch machte er ge­meinsam mit seinem Bruder Rafael (Klavier) auf sich aufmerksam. Seit 2019 studiert Lipstein an der Kron­berg Academy bei Frans Helmerson.
Das Cellospiel nimmt nur einen Teil seiner künstlerischen Tätigkeit ein: „Den eigenen musikalischen Gedanken nachhängen, Melodien improvisieren, um sie schließlich in Kompositionen zu verwandeln“ bil­det für Manuel Lipstein – laut sei­ner Website – „die perfekte Ergän­zung“. Auch für seine Kompositio­nen erhielt er bereits mehrere Prei­se. Die Werke sind durch große Virtuosität gekennzeichnet und greifen verschiedene europäische und ost­asiatische Musikstile auf. Einige von ihnen sind bei den Editionen Wal­hall und Musica Ferrum verlegt worden.
Die vorliegende Publikation vereint drei abwechslungsreiche und energiegeladene Werke für Violon­cello solo. Bei der Aufführung erfordern sie vollen technischen und in­terpretatorischen Einsatz vom Cel­listen und schöpfen mit ihren Stimmungswechseln die Gestaltungselemente Dynamik, Tempo, Spiel­technik und Artikulation in großer Bandbreite aus. Kurze Beschreibun­gen der Werke sowie übersichtliche Legenden zu den jeweiligen Stücken bieten Hilfestellungen zur Interpre­tation. Zudem lohnt sich ein Besuch auf Manuel Lipsteins YouTube-Ka­nal: Dort finden sich eindrucksvoll von ihm eingespielte Aufnahmen der Werke.
Doch die Erde bebt! von 2017 pendelt zwischen starren lauten Passagen, leisen Momenten und wild brodelnden eruptiven Ausbrü­chen. Diese schnellen Wechsel von unterschiedlichen Spieltechniken und Emotionen vermitteln Rastlo­sigkeit. Lipstein beschreibt die Leit­idee zu diesem Werk folgenderma­ßen: „Eine kahle Landschaft liegt ruhig, fast schon tot, vor mir – in Wahrheit aber bebt sie innerlich heftig, denn sie steckt voller Leben und Bewegung!“
Mit Guitarresco (2016), einem ohne Bogen gespielten Capriccio, schreibt der Komponist eine Hom­mage an die Gitarre. Der langsamen und freien Einleitung folgt ein rasanter Part, der höchste Fingerfertigkeit in den Pizzicatotechniken erfordert. Durch die geschickte Gruppierung der Achtel sowie die Verteilung der Akzente ergeben sich rhythmische Strukturen und Schwerpunkte.
Die Vier Traumbilder (2016) gehen attacca ineinander über und fangen kontrastreiche musikalische Ideen und Fantasien ein. Diese rei­chen von melancholischen, ruhigen Momenten hin zu fieberhaften sowie pompösen Stimmungen und mün­den in ein lebhaftes furioses Finale.
Wir werden sicher weiter von Manuel Lipstein hören – sei es als Cellist oder als Komponist!
Anna Catharina Nimczik