Krones, Hartmut / Theophil Antonicek / Elisabeth Theresia Fritz-Hilscher (Hg.)
Die Wiener Hofmusikkapelle III
Gibt es einen Stil der Hofmusikkapelle?
13 Jahre nach dem letzten der drei Symposien zur Wiener Hofmusikkapelle erscheint nun der Band mit den entsprechenden Forschungsbeiträgen. Kenner der Materie werden die Möglichkeit, die teils sehr speziellen Erörterungen in Ruhe nachzulesen, begrüßen. Und regional interessierte Laien werden eine Fülle kaum bekannter Daten, Fakten und Musiker vorfinden. Im Folgenden seien die 15 Beiträge kurz skizziert; mehr ist im Rahmen einer Rezension, die diesen Namen daher kaum verdient, nicht möglich.
Hartmut Krones beginnt mit einer terminologischen und geschichtlichen Einführung. Daran schließen sich an eine Spezialuntersuchung von Rudolf Flotzinger, einem der besten Kenner der Materie, über die einschlägigen Handschriften und ihr Umfeld sowie ein geschichtlicher Überblick von Elisabeth Theresia Fritz-Hilscher unter dem Aspekt prägnanter und repräsentativer Stilbildung der Hofkapelle bis ins 20. Jahrhundert.
Es folgen drei Werkanalysen: eine ausgezeichnete Besprechung zweier geistlicher Madrigale von Philippe de Monte und ihrer Gattungsspezifik von dem inzwischen verstorbenen Siegfried Schmalzriedt, eine ausführliche Analyse von Hartmut Krones des Rosetum Marianum, und eine präzise Untersuchung einiger Motetten Orlando di Lassos von Dieter Gutknecht mit behutsam angewandter Figurenanalyse und einer wohltuenden Korrektur älterer pauschaler Forscheraussagen.
Markus Grassl präsentiert auf 39 Seiten eine Auflistung der Instrumentalisten und der Instrumentalmusik am kaiserlichen Hof von 1527 bis 1612. Werner Braun untersucht kontrapunktisch dicht gearbeitete und wahrscheinlich vom kompositorisch bewanderten Kaiser Leopold I. angeregte Tafelsonaten von Johann Theile. Jiøi Sehnal geht einer regionalen Frage nach, nämlich dem Einfluss der Hofmusikkapelle auf das Musikleben in Böhmen und Mähren. Herbert Seifert bespricht das Sepolcro, ein szenisch musikdramatisches Spezifikum der kaiserlichen Hofkapelle.
Und Dagmar Glüxam begrenzt die Frage Gibt es einen Stil der Hofkapelle? auf das Instrumentarium und den Instrumentalstil der italienischen Oper am Wiener Hof zwischen circa 1700 und 1740.
Friedrich Wilhelm Riedel beschreibt den cäsarisch-imperialen Stil geistlicher und weltlicher Musikgattungen Wiens im Kontext historischer Entwicklungen und in Parallele zu Stilelementen der bildenden Kunst. Herbert Karner liefert mit Reichsstil, Kaiserstil oder die Kunst des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation einen bemerkenswerten Beitrag aus kunstgeschichtlicher Sicht mit einer klaren Absage an den von Hans Sedlmayr 1938 ideologisch geprägten Begriff Reichsstil. Martin Eybl vergleicht Motetten von Johann Joseph Fux und Franz Tuma unter dem Aspekt eines neuen Umgangs mit der musikalischen Zeit. Und Franz-Karl Prassl beschreibt die Pflege der Gregorianik in Wien bis heute.
Den Abschluss bilden drei chronologisch aufeinander abgestimmte Aufsätze von Michael Jahn, Klassische Traditionen im 19. Jahrhundert, Erich W. Partsch, Stilistische Ausprägungen in der Wiener Hofmusik-
kapelle in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, und Uwe-Christian Harrer Auftragswerke für die Wiener Hofmusikkapelle seit 1945.
Peter Schnaus