Wagner, Richard
Die Meistersinger von Nürnberg
4 SACDs
In zwei der drei Berliner Opernhäuser zählen Wagner-Opern zum Stammrepertoire, und auch die Komische Oper hat vor nicht allzu langer Zeit eine neue Meistersinger-Inszenierung herausgebracht. Trotzdem scheint es einen zusätzlichen Bedarf an konzertanten Wagner-Aufführungen zu geben; denn Marek Janowski hat sich vorgenommen, mit seinem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin bis zum Jubiläumsjahr 2013 (Wagners 200. Geburtstag) die zehn großen Opern Wagners konzertant in der Philharmonie aufzuführen. Ein Mitschnitt der Meistersinger vom Juni 2011 liegt nun auf SACD vor.
Janowski bietet mit dem exzellenten RSO Berlin eine Interpretation auf hohem Niveau. Er zeigt sich als Meister der klanglichen Transparenz mit feinen Abstufungen, der in eher gemäßigten Tempi alle Partiturangaben minutiös umsetzt. Doch gerade darin liegt auch ein gewisses Problem: Es gibt bei ihm kaum Raum für eine gewisse Spontaneität. Auf kleine agogische Freiheiten, die bei manch anderen Dirigenten die Musik noch unvermittelter zum Leben bringt, wartet man bei ihm vergebens. Doch das sind nur Beckmessereien angesichts des sehr respektablen Gesamtniveaus, zu dem neben dem RSO (mit berückend schönen Bläsersoli) auch der klangschön und textverständlich singende Rundfunkchor Berlin beiträgt.
Auch die Solisten können sich hören lassen, allen voran Robert Dean Smith als Stolzing, der die Partie ohne Ermüdungserscheinungen sympathisch gestaltet. Albert Dohmen als Sachs ist hier auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Obwohl seine Stimme nicht viele Klangschattierungen hergibt, bewältigt er die Riesenpartie souverän und überrascht am Schluss noch mit einem sehr verinnerlichten Euch macht ihrs leicht. Nicht ganz so überzeugend die Eva der Edith Haller mit ihrer zuweilen etwas flackernden Stimme; für sie kommt diese Rolle vielleicht doch noch ein wenig zu früh. Dietrich Henschel, im 2. Akt mit leichten Höhenproblemen, legt seinen Beckmesser nicht ganz so zynisch an, wie man es von anderen Sängern kennt, sondern betont das Menschliche der Rolle. Ein Glanzlicht ist der Pogner von Georg Zeppenfeld, einem der ganz großen Wagner-Bassisten unserer Zeit. Seine besten Tage bereits hinter sich hat dagegen Matti Salminen, der hier in der kleinen Rolle des Nachtwächters zu hören ist. Für eine Überraschung sorgt der frische und unverbrauchte Spieltenor von
Peter Sonn als David; von ihm wird man sicher noch hören.
Die Klangregie der Aufnahme ist sehr ausgewogen und unterstützt
Janowskis Transparenz bestens. Eine kleine Einschränkung sei allerdings beim zweiten Akt erlaubt, in dem Eva und Walther bekanntlich im Hintergrund die lautstarke Auseinandersetzung zwischen Sachs und Beckmesser belauschen und laut Partitur flüsternd bzw. leise kommentieren. Da bei einer konzertanten Aufführung aber alle Sänger in der ersten Reihe sind, hätte man zugunsten der dramaturgischen Glaubwürdigkeit diese beiden Stimmen hier doch etwas zurücknehmen sollen.
Thomas Lang