Strauss, Richard

Die Liebe der Danae

2 DVDs

Rubrik: DVDs
Verlag/Label: ArtHaus Musik 101 580
erschienen in: das Orchester 03/2012 , Seite 81

Der vorliegende Livemitschnitt bietet in einer DVD-Premiere Strauss’ selten zu hörende „Heitere Mythologie“, teilweise eine unmittelbare geistreiche Parodie auf Wagners Ring des Nibelungen. Leider wird
diese Neuproduktion nur im rein orchestralen Bereich dem Konzept von Textdichter und Komponist gerecht. Der Versuch einer Modernisierung gelingt nur teilweise, schöne visuelle Effekte (ein am Bühnenplafond hängender offener Konzertflügel bleibt Staffage) verpuffen, manches (etwa die Pappkrone von Danaes Vater Pollux) wirkt schon heute verstaubt, und wenn in der Schlussszene die Regisseurin die Aussage der Oper in ihr Gegenteil verkehrt, zeigt sich, wie wenig Respekt heute allzu oft dem Willen des Komponisten zuteil wird. Da hilft auch kein „Behind the Scenes“ als Bonusmaterial (das Kirsten Harms’ Regiekonzept nicht erläutert).
Manuela Uhl, die schon in Kiel die Danae gegeben hatte (CD-Mitschnitt auf cpo), ist darstellerisch der musikalisch immens schweren Titelrolle gewachsen. Leider ist aber Strauss ein Komponist, der viel von seinen Singdarstellern fordert, und obschon Uhl die stimmliche Beweglichkeit für die Rolle mitbringt (ohne die extreme Höhe und ohne die erforderliche Tiefe), so leidet ihre Stimme doch unter viel zu viel Vibrato, das Strauss’ herrliche Melodielinien beeinträchtigt. Wie Catherine Malfitano bildet sie Töne „explosionsartig“, zum Schaden ihres Timings. Ihr „jugendlicher Liebhaber“ Midas, von Jupiter befähigt, alles, was er berührt, zu Gold zu machen, damit der Göttervater in Gestalt des Goldregens Danae beglücken kann, ist Matthias Klink, der sicher einen passablen Bacchus (Ariadne auf Naxos) geben könnte, dem es aber an der genuinen vokalen Fantasie für den Strauss-Gesang noch mangelt; vieles klingt bemüht, den in der Partitur klar vorgegebenen „Eseltreiber“ nimmt man ihm nie und nimmer ab.
Die offenkundigsten Parodieelemente der Oper sind die beiden Götter Jupiter und Merkur, unmittelbar Wotan und Loge angenähert und in der Salzburger Generalprobe 1944 (die Premiere erfolgte wegen des Krieges erst 1952) sogar mit renommierten Wagner-Exponenten besetzt. Leider sind Mark Delavans vokale Fähigkeiten für diesen Part viel zu gering, jeglicher Glanz in der Stimme fehlt, seine Phrasierung ist problematisch; ihm fehlt die Höhe für die Partie, die Eleganz, die Wärme, die Textverständlichkeit – nur im Piano wird seine Stimme ansprechender. Die musikalisch gelungenste Einzelleistung bietet Thomas Blondelle als Merkur. Nach rund zwei Stunden sind seine kurzen Szenen darstellerisch wie vokal ein echter Lichtblick, der auch unmittelbar die Wagner-Parodie erkennen lässt. Auch weitere Nebenrollen sind durchaus passabel besetzt, aber die Oper steht und fällt mit den drei Protagonisten.
Jürgen Schaarwächter