Carl Flesch
Die Kunst des Violinspiels
kompakt bearb. von Maximilian Simon und Nadine Contini
Fast 100 Jahre ist es nun her, seit Carl Flesch Die Kunst des Violinspiels bei Ries & Erler veröffentlicht hat. Flesch, der zahlreiche Konzerte auf der Geige gab, in der Kammermusik sehr aktiv war und auch als Professor für Violine an Konservatorien in Bukarest, Berlin und Amsterdam unterrichtete, widmete sich zusätzlich intensiv der Geigenmethodik. Zu seinen Lehrwerken zählen u.a. die Urstudien für Violine (1911), die Etüden-Sammlungen (1921), Das Skalensystem (1926), Das Klangproblem im Geigenspiel (1931) sowie Die Kunst des Violinspiels (1923).
Letzteres wurde nun im Auftrag von Ries & Erler bearbeitet und neu herausgegeben. Dabei war es sicherlich ein geschickter Schachzug des Verlags, die Neubearbeitung durch zwei praktizierende Experten des Fachs, Maximilian Simon und Nadine Contini, beide Geiger im Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, durchführen zu lassen. Für das Grußwort der Neubearbeitung konnte man mit Anne-Sophie Mutter eine Weltklassegeigerin gewinnen, die selbst nach den geigerischen Grundsätzen von Flesch ausgebildet wurde und mit ihrem weiten Klangfarbenspektrum sowie ihrer brillanten Technik wohl das beste Beispiel für den Erfolg der Flesch-Systematik ist.
Hauptmerkmal der Neubearbeitung durch Simon und Contini ist die sprachliche Aktualisierung der Originalbände. Diese hat mit Sicherheit zur Folge, dass die wertvollen Hinweise Fleschs einer größeren Leserschaft zugänglich werden und Fleschs Anregungen somit eine Renaissance erfahren können.
Im direkten Vergleich mit dem Original fällt außerdem auf, mit welch großer Genauigkeit Simon und Contini beide Bände Fleschs zu einem zusammenfassen. Dabei gliedern sich die 280 Seiten wie das Original in drei Großabschnitte zu den Themen „die allgemeine Technik“, „die angewandte Technik“ sowie dem Bereich „Künstlerische Gestaltung und Unterricht“, die jeweils mit Fotos und Notenbeispielen verdeutlicht werden.
Beginnend mit Tipps zur Pflege des Instruments und einer ausführlichen Beschreibung der Geigen- und Bogenhaltung bis hin zu Hinweisen zur Ausführung des Springsaltatos in Paganinis zehnter Caprice behandelt der Band alle technischen Aspekte des Geigenspiels vom ersten Anfang bis hin zum virtuosen Können.
Ein kleiner Wermutstropfen ist, dass bei der Neubearbeitung auf das Verzeichnis der Notenbeispiele und die detaillierten Interpretationshinweise von Flesch für weitere Werke der Geigenliteratur verzichtet wurde. Hier muss der interessierte Leser dann doch auf Fleschs Original zurückgreifen. Spannend für den heutigen Leser ist in jedem Fall die Unterrichtsskizze zum Mozart-Violinkonzert in A-Dur, da sie den Unterrichtsstil Fleschs in anschaulicher Weise darstellt.
Im Gesamten gesehen bleibt festzuhalten, dass es sich um eine Neuausgabe handelt, für die eine klare Kaufempfehlung ausgesprochen werden kann. Gerade die sprachliche Bearbeitung mit ihren präzisen Formulierungen zeichnet diese Neuauflage besonders aus und macht es für Violinspieler jeden Niveaus ebenso wie für Geigenlehrkräfte zu einem wertvollen Kompendium.
Gabriele Hirte