John von Düffel

Die Ballade von Robin Hood

Christian Brückner und das wilde Jazzorchester

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Sauerländer audio
erschienen in: das Orchester 5/2023 , Seite 73

Manche Sagen überdauern die Zeiten, gleichgültig, wie realistisch oder historisch korrekt sie lange zurückliegende Ereignisse in eine Story packen, in der sich Gut und Böse gegenüberstehen. So erfreut sich auch die Legende von Robin Hood nach wie vor großer Beliebtheit: Seine Geschichten haben ihren Platz im KiKa, in Märchenbüchern und im Hörbuch Die Ballade von Robin Hood. John von Düffel formulierte hier den Sagenstoff neu – und wie fast alle Bearbeiter vor ihm verzichtete er dabei auf die Schilderung von mittelalterlichen Grausamkeiten zu Gunsten eines Loblieds auf einen edlen Räuberhauptmann. So siegt auch in von Düffels Version das Gerechte über das Böse und – ganz nebenbei – holt Robin Hood seinem König Richard Löwenherz (1157–1199) die von seinem Bruder geraubte Königswürde zurück.
Historische Fakten treten in von Düffels Version des Stoffs in den Hintergrund. Indem er völlig ahistorisch Robin Hood als Symbol des zeitlos Guten darstellt, verschwindet dabei auch die Notwendigkeit, die Musik an geschichtliche Gegebenheiten anzupassen. Stattdessen konzentriert sich der Komponist Martin Auer, Mitglied der Bigband des Hessischen Rundfunks, auf sein vertrautes Genre, den Jazz, und würzt die Erzählung mit volkstümlichen Klängen, flottem Dixieland, swingendem Mainstream, Filmmusik und gelegentlich auch zeitlosen Einsprengseln eines Streichquartetts. Damit untermalt er einige dramaturgisch wichtige Stellen und trennt zudem durch längere Zwischenspiele einzelne Abschnitte der Erzählung voneinander ab.
Dem Märchencharakter des Texts entsprechend, vermeidet Auer komplexe, avantgardistische oder verstörende Elemente. So bleiben das – um einen angemessen alten Ausdruck zu verwenden – ohne Fehl und Tadel spielende Sherwood String Quartet und das wilde Jazzorchester in tradierten Wohlklangwelten. Sie unterstützen den vom Text vorgegebenen Eindruck, es handle sich bei Robin Hood und seinen Straßenräubern um eine fröhliche Bande, die sich fernab jeglicher Ironie „The Merry Men“ nennt, Feste feiert und sich von all dem ernährt, was der Sherwood Forest und Überfälle auf durchreisende Reiche hergeben. Deshalb sitzen – so eine Nebenbemerkung – diese „verarmten entrechteten Adligen, Ritter und einfachen Leute“ vor allem im Winter „mit leerem Magen in ihren Höhlen und Baumhäusern“.
Christian Brückner liest von Düffels Prosa mit ruhiger, den Wortsinn nachempfindender Stimme. Er übernimmt auch die wörtlichen Reden der verschiedenen Personen, indem er ihnen unterschiedliche Stimmfärbungen gibt. Zudem führt Caroline Lux mit kurzen Balladen in die einzelnen Abschnitte ein. Wer wenig realistische Geschichten von Räubern und Königen mag, kann diese sorgfältig produzierte CD allein oder mit seinen Kindern genießen.

Werner Stiefele