Fagottkonzerte von Weber, Bitsch, Jolivet und Crusell

Deutscher Musikwettbewerb / Award Winner

Theo Plath (Fagott), Deutsche Radio Philharmonie, Ltg. Leo McFall

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin
erschienen in: das Orchester 07-08/2020 , Seite 67

Mit vier Fagottkonzerten, die nicht unterschiedlicher sein könnten und gerade dadurch die Pracht und Vielseitigkeit seines Instruments zeigen, stellt sich der junge Fagottist Theo Plath vor. Aufmerksam und feinsinnig begleitet hat ihn die Deutsche Radio Philharmonie unter der Leitung des jungen Briten Leo McFall, dem 2015 der Deutsche Dirigentenpreis vom Deutschen Musikrat verliehen wurde. Theo Plath, Jahrgang 1994, erhielt nicht nur den 1. Preis beim Deutschen Musikwettbewerb 2018, in dessen Folge als Fördermaßnahme diese CD entstand, sondern ist außerdem 3. Preisträger des 2019 folgenden, renommierten ARD-Wettbewerbs. 2018 war er Solo-Fagottist bei der Deutschen Radio Philharmonie, seit Herbst 2019 spielt er in gleicher Position im hr-Sinfonieorchester Frankfurt.
Zum Auftakt erklingt Carl Maria von Webers Fagottkonzert. Detailreiches Zusammenspiel zwischen Solist und Orchester, sprechende Bläserpassagen, und Hervorheben der Rolle der Mittelstimmen führt zu vielen unterschiedlichen Klangfarben. Es entsteht ein sehr lebendiger erster Satz, ein zweiter, in dem Solist und Orchester wunderbar ineinander verschmelzen und ein dritter von virtuoser Leichtigkeit. Mit dem Concertino von Marcel Bitsch folgt ein Werk, das nur in der Klavierfassung geläufig ist, aber in der unbekannten Orchesterfassung einen außerordentlichen Farbenreichtum bietet. Theo Plath zeichnet lange Linien in kraftvoller, klangvoller, niemals kraftstrotzender Tongebung. Als Zuhörer spürt man förmlich den Atem und die Luftführung des Fagottisten und genießt ein Bild wie mit dickem Pinselstrich in satter Farbe gemalt. Das Fagottkonzert von André Jolivet, etwa zur gleichen Zeit entstanden, könnte nicht gegensätzlicher gegenüberstehen. Filigran, kammermusikalisch, tänzerisch durch und durch, von erhaben in dem langsamen Teilen bis schließlich springend im abschließenden Fugato, musizieren Solist und Ensemble bei gepflegtester Kommunikation. Zum Schluss Bernhard Crusells Concertino. Crusell ist ein Zeitgenosse von Weber und so schließt sich der Kreis auf der CD. Ein schwungvolles Orchester mit schönen Bläserfarben ebnet den Pfad für den Fagottisten mit bestechender Technik und feinster Artikulation. Plath hat weder Scheu vor sehr kurzen Staccati noch vor groß klingenden, nie kitschig werdenden Kantilenen. Faszinierend ist seine Brillanz nicht nur bei schnellen Folgen von Verzierungen, egal inwelcher Geschwindigkeit und Konstellation, immer ist jeder einzelne Ton wahrzunehmen. Im Booklet finden sich neben den Künstlerbiografien ein Beitrag zum Deutschen Musikwettbewerb und ein ausgezeichneter, sehr persönlicher Text von Theo Plath, in dem er auf die einzelnen Werke eingeht und auch seine eigenen Intentionen darstellt. Zum Hörgenuss trägt nicht zuletzt bei, dass es der Tonmeisterin (die weibliche Form der Berufsbezeichnung ist im Booklet untergegangen.) Nora Brandenburg gelungen ist, das Fagott sehr authentisch, fast körperlich klingen zu lassen und die bemerkenswerte Durchsichtigkeit des Orchesters wiederzugeben. Diese CD dürfte nicht nur Fagottbegeisterten viel Freude bereiten.
Annette Winker