Hindemith, Paul

Des kleinen Elektromusikers Lieblinge

für Saxophontrio (A/A oder T/Bar) engerichtet von Christoph Enzel, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2013
erschienen in: das Orchester 09/2014 , Seite 76

Paul Hindemith gehörte zu den frühen Pionieren der „elektrischen Musik“. Zusammen mit Friedrich Trautwein und Oskar Sala erforschte er an der Rundfunkversuchsstelle der Staatlichen Musikhochschule Berlin (der heutigen Universität der Künste Berlin) seit 1928 technische und künstlerische Möglichkeiten elektroakustischer Musikinstrumente. Das vorliegende Trio schuf Hindemith für das Musikfest „Neue Musik Berlin 1930“, auf dem Friedrich Trautwein sein Trautonium, eines der ersten elektroakustischen Instrumente überhaupt, erstmals der Öffentlichkeit vorführte.
Anders als etwa Hindemiths Rondo für Trautonium und Orchester oder sein Concertino für Trautonium und Streichorchester handelt es sich bei den sieben kontrapunktischen Miniaturen des vorliegenden Trios eher um eine Gelegenheitsarbeit, die aber insofern interessant ist, als dass es sich um eines der ersten Originalwerke für Trautonium handelt. Aus dem Entstehungsjahr liegt eine Einspielung vor, die die überaus reizvollen und klanglich abwechslungsreichen Möglichkeiten des Instruments demonstriert. Überraschend ist, wie stark das Trautonium klanglich dem Saxofon ähnelt. Insofern scheint die Idee einer Transkription für Saxofontrio naheliegend.
Die sieben ziemlich verspielten, kurzen Sätze mit sehr unterschiedlichen Charakteren sind musikalisch recht kurzweilig. Sie haben einen mittleren Schwierigkeitsgrad und eignen sich daher gleichermaßen für die Arbeit an Musikschulen wie als sinnvolle Ergänzung des Saxofonrepertoires. Dem vorliegenden Arrangement liegt die dritte Stimme sowohl als Bariton- als auch als Tenorsaxofonstimme bei, was vielen Formationen sehr entgegenkommen dürfte. Äußerst positiv zu erwähnen ist die Vorsicht, mit der Christoph Enzel das Original bearbeitet hat. Die einzelnen Stimmen wurden nicht einfach transponiert, die Intervallkonstellationen des Originals wurden anscheinend bewusst beibehalten.
Grundsätzlich stellt sich die Frage, inwiefern nicht die Originalbesetzung einer Transkription vorzuziehen wäre. Eine pauschale Antwort ist natürlich nicht möglich. Da Hindemith die besonderen klanglichen Möglichkeiten des Trautoniums in diesem Trio nicht ausschöpft und es auch relativ schwer sein dürfte, das entsprechende Original-Instrumentarium zu beschaffen, liegt eine Transkription für ein gängigeres Instrumentarium durchaus nahe. Wer sich nicht daran stört, dass Hindemith beim Komponieren keineswegs an Saxofone gedacht hat, wird sicherlich seine Freude an des kleinen Elektromusikers Lieblingen haben.
Martin Losert