Das Klassik-Festival „Explore Haydn“ ist zu einer festen ­Größe im Heidelberger ­Kulturkalender geworden/© Lukas Lobmann

Sven Scherz-Schade

Der Mehrwert eines freien Orchesters

Wie viel Kultur, Infrastruktur und Wirtschaftskraft an einem Ensemble dranhängt

Rubrik: Thema
erschienen in: das Orchester 7-8/2022 , Seite 10

Ein Orchester leistet in aller Regel ein Vielfaches mehr, als „nur“ Konzerte zu geben. Für das Musikmanagement ist es lohnend, sich stetig zu ­ver­gegenwärtigen, wie viel „Musiklandschaft“ und „Musikdienstleistung“ an ­einem Orchester hängen. Vor allem für freie Ensembles ist das wichtig, um am Markt selbstbewusst auftreten zu können.

In kultureller, aber auch wirtschaftlicher Hinsicht würde oftmals in einer Region vieles nicht stattfinden, wenn es dieses oder jenes freie Ensemble nicht gäbe. Am Beispiel der Heidelberger Sinfoniker lässt sich dieser „Mehrwert“ des Orchesters deutlich nachzeichnen.
Heidelberg hat ein Klassik-Festival bekommen. „Explore Haydn“ heißt die Festwoche, die in diesem Jahr zum zweiten Mal stattfindet. Vom 1. bis 9. Oktober dreht sich alles um die Werke des Wiener Klassikers Joseph Haydn. Und dass das Ganze in Heidelberg stattfindet, hängt damit zusammen, dass die Heidelberger Sinfoniker schon seit Längerem mit Haydn am ganz großen Rad drehen: Das aufs historisch informierte Spiel spezialisierte Ensemble arbeitet mit seinem künstlerischen Leiter Johannes Klumpp an einer CD-Gesamteinspielung sämtlicher Symphonien. 30 CDs sind bereits produziert, fünf fehlen noch. Sie werden nächstes Jahr wohl fertig.
„Im Zusammenhang mit dieser Gesamteinspielung haben wir ‚Explore Haydn‘ ins Leben gerufen“, sagt Michael Neuhaus, Bassist, Gründungsmitglied und Geschäftsführer der Heidelberger Sinfoniker. Für das freie Orchester ist das Festival mit den insgesamt sechs Konzertterminen quasi der Höhepunkt seiner Auseinandersetzung mit Haydn. Für Heidelberg wiederum ist das Festival ein Gewinn, ein neuer kultureller Leuchtturm in der Region.

Kulturwirtschaft und Mehrwert

Ohne das freie Ensemble würde es dieses Festival nicht geben, was wiederum für die kulturelle Belebung der Stadt ein Verlust wäre. Denn „Explore Haydn“ bezieht für die Konzerte mehrere im Stadtgebiet verteilte Spielorte mit ein, insbesondere weil derzeit die Heidelberger Stadthalle geschlossen ist. Der 1903 eröffnete, repräsentative Bau in schönem rotem Sandstein muss saniert werden.
Also lädt das Orchester in den Königssaal im Schloss ein, in verschiedene Kirchen, in die Musikschule, die Stadtbücherei und in den Saal im Schlosshotel Molkenkur. Nicht zuletzt ist das in wirtschaftlicher Hinsicht für die Region relevant. Denn an jedem Veranstaltungsort werden – mal mehr, mal weniger – Einnahmen und Ausgaben umgesetzt. Es werden Mieten für die Räume bezahlt, eventuell versorgt ein Catering die Gäste gastronomisch, eventuell wird ein Garderobendienst oder anderer Service gebraucht…


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Ausgabe 7–8/2022.