Wolfgang Amadeus Mozart

Departure

Overture Lucio Silla/Piano concerto E-flat majore/Symphony No. 34 C major. Vasco Dantas (Klavier), Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim, Ltg. Douglas Bostock

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Coviello Classics
erschienen in: das Orchester 6/2022 , Seite 72

Diese CD ist geeignet, die Lücke mancher Sammlung mit Orchesterwerken Mozarts zu schließen, indem sie sich auf die Salzburger Zeit des jungen Komponisten konzentriert, genauer gesagt: zwei verschiedene Phasen. Die erste davon war seine Tätigkeit als Konzertmeister in der Hofkapelle im Dienst des Fürsterzbischofs Hieronymus von Colloredo von 1772 bis 1777, als sein Dramma per musica Lucio Silla entstand. Die Ouvertüre dieser Oper eröffnet die CD. Kurz bevor er sein Amt niederlegte, komponierte Mozart das Klavierkonzert Nr. 9 Es-Dur KV 271 „Jenamy“ (fälschlicherweise auch Jeunehomme genannt).
Danach verließ er Salzburg und ging auf eine vergeblich gebliebene Stellensuche nach München, Augsburg und Mannheim. Im Jahre 1778 führte ihn eine Reise nach Paris, wo er immerhin mit der Ballettmusik Les petits riens eine gewichtigere Komposition zur Aufführung bringen konnte. Mozarts zweite Salzburger Phase absolvierte er von 1779 bis 1781, dieses Mal als Hoforganist beim Fürsterzbischof. Die Sinfonie Nr. 34 C-Dur KV 338 entstand in dieser Zeit und wurde im August 1780 aufgeführt.
Douglas Bostock, der englische Dirigent dieser mit dem Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim bei zwei Konzerten 2021 in der baden-württembergischen Stadt gemachten Aufnahmen, gibt im Booklet die Begründung für den Titel Departure: Alle drei Werke seien „geprägt […] von Mozarts Sehnsucht, der geringen gesellschaftlichen Anerkennung in seiner Geburtsstadt zu entfliehen und seine Flügel weiter auszubreiten. Musikalisch und geografisch bedeuten sie Aufbruch.“
Die Ouvertüre der in Rom spielenden Oper wird vom Orchester zupackend gespielt: Saftige, von Pauken gestützte Akkorde führen zu quirligen Linien in geschwungenem Melos. Beim Klavierkonzert tritt der Solist – eine Innovation Mozarts – vom Anfang an zum Orchester hinzu. Der Portugiese Vasco Dantas (geb. 1992) gefällt mit brillantem Anschlag und sehr bewusst eingesetzter Dynamik. Wunderbar gelingt das beliebte Andantino mit eleganten Phrasierungen.
Die C-Dur-Sinfonie KV 338 gilt als Beispiel des jungen Komponisten unter dem Einfluss der Mannheimer Schule. Das Orchester setzt die Blöcke in beherzten Kontrasten nebeneinander. Die nur 16-köpfige Besetzung vermittelt auf ganzer Linie sinfonische Fülle. Auch hier nimmt der zwischen Andante und Allegretto vermittelnde Mittelsatz mit seiner Lyrik gefangen.
Noch ein paar Worte zu Mozart. Der Pianist Friedrich Gulda meinte: „der Weltmeister“. In einem perio-
disch hundertfach gedruckten FAZ-Fragebogen unter Prominenten hatte der „Donnerblitzbub“ unangefochten die Spitzenposition als Lieblingskomponist inne. Doch es gibt auch Mozart-Verächter wie jenen Kollegen, der ihn als „Kriecher“ bezeichnet. Soll ich selbst Farbe bekennen? Also, die richtige Auswahl macht’s: das Klarinettenquintett, Don Giovanni, die „große“ g-Moll-Sinfonie…
Günter Buhles