Borboudakis, Minas

Dead Strokes

for Marimba solo and Percussion, Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Henry Litolff’s Verlag/C.F. Peters, Frankfurt am Main 2012
erschienen in: das Orchester 03/2013 , Seite 71

Dead Strokes – das ist eine bestimmte Anschlagsart für Schlaginstrumente, bei der die Schlägel nach der Attacke nicht wieder frei zurückspringen, sondern auf das Fell oder die Klangplatte gepresst werden und dort verbleiben. Der Instrumentenklang kann sich so nicht frei entfalten, er wird erstickt und stirbt. Nach dieser Spielweise hat der griechische Komponist Minas Borboudakis sein neues Stück für Marimba solo und begleitendes Schlagzeugquartett benannt. Es entstand im Auftrag des Internationalen Marimba-Wettbewerbs in Salzburg 2012 als Pflichtstück für die Finalrunde.
Dementsprechend ist die Solopartie des Werks durchaus virtuos und auch die Begleitstimmen sind anspruchsvoll. Die rhythmische Komplexität des Zusammenspiels ist allerdings deutlich geringer, schließlich musste das Stück im Wettbewerb mit nur wenigen Gesamtproben spielbar sein. Ausgehend von rhythmisch getupften erstickten Klängen der Stabspiele am Stückbeginn entfaltet sich schnell eine klangsinnliche Musik mit rhythmischem Drive, die das Soloinstrument immer wieder eng mit den begleitenden Vibrafonen verzahnt. Im Mittelteil scheint eine watteweiche Tremolo-Zo­ne auf, die vom Solisten mit gestrichenen Crotales-Lichtern erhellt wird. Eine Besonderheit der formal gut austarierten Komposition ist eine metronomartig tickende Schluss-Coda, bei der der Solist auf den zwei Saitensegmenten eines Monochords einen singenden Klang produziert. Eine kleine Hommage an die großen Musikdenker der griechischen Antike: von den Dead Strokes zur offenen Quinte.
Minas Borboudakis wurde 1974 in Heraklion geboren, die wesentlichen Teile seiner umfassenden musikalischen Ausbildung erhielt er aber in Deutschland, wo er in München Klavier und Komposition (bei Wilfried Hiller) studierte, bevor er seine kompositorische Ausbildung in Hamburg bei Peter Michael Hamel fortsetzte. Dead Strokes ist ein schönes Beispiel für die Kompositionsweise von Borboudakis, der auf eigene und eigenwillige Art das aus der Orff-Hiller-Linie stammende rhythmische Element mit dem klangfarbenreichen spektralen Komponieren seines zweiten Lehrers Peter Michael Hamel verbindet.
Typisch für seine Musik ist, dass sie publikumsfreundlich ist. Ohne dabei Kompromisse zu machen, bereitet sie aber auch den Interpreten großes Vergnügen. Neben dem schon etwas älteren Schlagzeugduo-Stück Unisono liegt nun von Minas Borboudakis bei der Edition Peters eine weitere perkussive Herausforderung vor. Ich bin sicher, die Schlagzeuger werden sie gerne annehmen!

Stephan Froleyks