Guy Touvron

Das Wunder der Trompete – Maurice André

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2020
erschienen in: das Orchester 09/2021 , Seite 74

Vorweg: Dieses Taschenbuch über einen der berühmtesten Trompeter des 20. Jahrhunderts hat es wirklich in sich und bietet großartige Inspiration für alle Trompeter. Der Autor Guy Touvron, selbst Schüler von Maurice André, hat eine chronologische Lebensbeschreibung seines Lehrers und späteren Kammermusikpartners zusammengestellt, die, gerade was Kindheit und Jugend dieses großen Solisten betrifft, viel Spannendes bereithält.
1933 in Alès, Südfrankreich, als Sohn eines Bergarbeiters in armen Verhältnissen geboren, ging Maurice André bereits im Alter von 14 Jahren in die Lehre als Bergmann. Schlüsselszenen der musikalischen Ausbildung aus frühester Kindheit und dem musikalischen Umfeld des Jungen schildert Touvron ebenso eindrucksvoll wie die Folgen des Verschüttetwerdens unter Tage. Die schwere Entscheidung, den Bergbau aufzugeben und Berufsmusiker zu werden, zu der sich sowohl Maurice André selbst als auch seine Eltern zunächst durchringen mussten, liest sich wie ein guter Roman, von dem uns das Happy End bereits bekannt ist.
Besonders eindrucksvoll beschreibt Guy Touvron die Unterrichtsmethodik am Conservatoire National Supérieur de Musique de Paris, wo Maurice André ab 1951 bei Raymond Sabarich studierte. Man liest von Freundschaften, die geknüpft wurden und ein Leben lang hielten, und erfährt von dem ebenso wichtigen gegenseitigen Anspornen zu Höchstleistungen mit anderen Studierenden. Man staunt über die vielfältigen Praxiserfahrungen Andrés in jungen Jahren als Militärtrompeter, Studiomusiker, Trompeter im Zirkus und bei ersten Orchesterdiensten. Als Leser taucht man ein ins Paris der 1950er Jahre und erfährt viel über französische Trompeter, die einem bislang nur dem Namen nach bekannt waren. Zudem werden Interessierte leicht in der Lage sein, viele nützliche Informationen über die Förderung musikalisch Hochbegabter aus diesen Beschreibungen herauszufiltern.
Etwas kürzer, aber nicht weniger attraktiv zu lesen sind die Schilderungen der Wettbewerbe. Der Sieg beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD 1963 bewirkte Andrés internationalen Durchbruch und ebnete seiner außergewöhnlichen Karriere den Weg. Zu diesem Wettbewerb wurde er mit seinen damals 30 Jahren ursprünglich als Jurymitglied angefragt, nahm aber letztlich als Kandidat teil, weil ihm der Wettbewerbsgewinn attraktiver als die Jurytätigkeit schien.
Ebenfalls zur Sprache kommt Maurice Andrés Intention, der Trompete mit ihrer heutigen Bauweise die Musik der barocken Meister zugänglich zu machen. Am Ende des Taschenbuchs findet sich eine Schlussbemerkung des Übersetzers Hans Kloter, der auf lediglich vier Seiten die Trompetenwelt Andrés zwischen 1950 und heute treffend zusammenfasst.
Maurice André – ein Trompeter, der einen beeindruckenden Lebensweg gegangen ist und es vollbracht hat, die Trompete als Soloinstrument salonfähig zu machen. Dieses Buch sollten Sie unbedingt lesen!
Kristin Thielemann