Maurer-Berta, Jolán

Das perfekte Geigenspiel

Beschreibung und Korrektur der häufigsten Fehler in der Violintechnik

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Florian Noetzel, Wilhelmshaven 2011
erschienen in: das Orchester 09/2012 , Seite 67

Dieses Buch der international tätigen Violinvirtuosin und Pädagogin Jolán Maurer-Berta betrachtet das Geigenspiel gleichsam aus der Sicht einer Ärztin: Da werden „Krankheiten“ diagnostiziert und Heilmöglichkeiten angeboten. Also zum Beispiel das „Problem Nr. 3: Unschöne Tongebung beim Legato“. Es folgen die Ursachen Nr. 1 bis 8, etwa „Unkenntnis der Balanceverhältnisse von Hand, Zeigefinger und kleinem Finger“ oder „Zu viel Gewicht auf der unteren Bogenhälfte“. Die Krankheiten des Violinspiels werden für die linke und rechte Hand getrennt aufgelistet. Bei der Bogenhand sind es „Keine fließende Tonbildung, kleiner substanzloser Ton, zu harte Akkorde, Saitenübergänge“ oder „Rhythmische Schwierigkeiten“, bei der linken Hand „Ungenaue Intonation, stockende Lauftechnik“ und manches andere.
Wer dieses Buch zur Hand nimmt, sollte schon möglichst perfekt Geige spielen können, nicht es noch lernen müssen. Denn die vielen „Probleme“, die hier aufgelistet werden, könnten entmutigend und demotivierend wirken. Doch das Buch ist sehr hilfreich, wenn es darum geht zu feilen, eingeschliffene Gewohnheiten zu erkennen und zu beseitigen oder Tipps zu suchen, wenn man hört, dass etwa die „Tonqualität unschön“ ist und man den Fehler dafür suchen muss. Dabei kann dieses Buch nicht nur für das eigene Spiel aufschlussreich sein, sondern auch für die pädagogische Arbeit. Es werden hier in der Tat die wichtigsten technischen Probleme aufgelistet und Wege aufgezeigt, sie zu lösen.
Die Beschreibungen der Probleme zeigen, dass sich Jolán Maurer-Berta als Geigerin und Pädagogin mit den Bewegungen, dem komplexen Zusammenspiel von Arm, Hand und Fingern sowohl theoretisch wie praktisch intensiv beschäftigt hat. Sie versteht es mit wenigen Worten die Bewegungsabläufe so zu beschreiben, dass sie dem Leser bewusst und Zusammenhänge klar werden, sodass man das Gelesene gut auf die Praxis übertragen kann.
Wichtig ist auch, dass sich die Autorin mit der Psyche auseinandersetzt, Ursachen von Verspannungen aufdeckt und die Konzertsituation einbezieht. Sie ruft dazu auf, auf den eigenen Körper zu achten und zu
reagieren, wenn sich Verkrampfungen bemerkbar machen. Auch warnt sie, dass der Körper bei „scheinbar zu großen Aufgaben“ mit „Stress und lähmender Angst“ reagiert, weshalb technisches Training von großer Bedeutung ist.
Das Buch schult den Leser, sich selbst oder seine Schüler genauer zu beobachten. Es ist ein Kompendium der wichtigsten Fehler beim Geigenspiel. Allerdings fehlt ihm eine wichtige Dimension: Perfektes Geigen ist nicht allein Technik, sondern entsteht aus dem Ausdruck, der Darstellung der Musik, dem sprechenden Spiel. Vielleicht lässt die Autorin zu diesem Thema eine Fortsetzung folgen.
Franzpeter Messmer