Kloppenburg, Josef (Hg.)
Das Handbuch der Filmmusik
Geschichte Ästhetik Funktionalität
Die vorliegende Publikation ist eine Zusammenstellung von einzelnen Kapiteln aus dem im Jahr 2000 im Laaber-Verlag erschienenen Band 11 des Handbuch der Musik im 20. Jahrhundert mit dem Titel Musik multimedial. Filmmusik, Videoclip, Fernsehen. Ausgekoppelt wurden die ersten acht Kapitel, die sich auf Filmmusik bzw. verfilmte Musik beziehen. Mit dieser überzeugenden Auswahl präsentiert sich das vorliegende Handbuch als homogene Einheit. Dabei blieben die Kapitel 1 (Multimediale Verbindungen: Klingende Bilder von Josef Kloppenburg), 4 (Europäische Tonfilmmusik von Wolfgang Thiel) und 6 (Musik des Lichts. Tonkunst und filmische Abstraktion von Hans Emons) unverändert. Dagegen erfuhren die Kapitel 3 (Musik im Tonfilm von Josef Kloppenburg), 5 (Genre und kulturelle Codes im Film von Christoph Metzger) und 7 (Videoclips und Visualisierung von E-Musik von Günther Rötter) eine mehr oder weniger tiefgreifende aktualisierende Überarbeitung.
Zu den grundlegend renovierten Kapiteln gehört auch Claudia Bullerjahns Beitrag zur Musik zum Stummfilm, der zu den besten Überblicksdarstellungen zu diesem Thema gehört. Das umfangreichste Kapitel des Handbuchs stammt von Josef Kloppenburg (Musik im Tonfilm). In der Neufassung dieses Kapitels finden nunmehr auch die aktuellen technischen Verfahrensweisen der Filmmusikproduktion sowie die Ergebnisse einer Studie zur Wirkung von Filmmusik Berücksichtigung. Darüber hinaus
gelingt es ihm in den der Hollywoodpraxis gewidmeten Abschnitten, den Überblickscharakter der Darstellung souverän mit exemplarischen, scharfsichtigen Filmmusikanalysen zu verbinden, die zum Teil auch auf Quellenstudien und Einsichtnahme originaler Filmmusikpartituren beruhen. Abgesehen von einigen Redundanzen, zahlreichen Druckfehlern und einem gelegentlich unnötig verqueren Satzbau ist vor allem die ab Seite 256 ausgebreitete Diskussion des Begriffs Popularmusik in einem Handbuch wie diesem verzichtbar. Und schließlich: Auch wenn der Komponist Hans Zimmer heute eine Ikone der Filmmusikkomposition ist, wirken Kloppenburgs gutachterlich anmutende Elogen auf ihn in einer wissenschaftlichen Publikation etwas befremdlich.
Thiel kann in seinem wertvollen und sprachlich geschliffenen Überblick über die europäische Filmmusiklandschaft deutlich machen, dass die außerordentliche Qualität der Filmmusik außerhalb Deutschlands auch damit zusammenhängt, dass sich viele Komponisten in der Kunstmusik und in der funktionalen Musik zuhause fühlten, d.h. Musik für den Konzertsaal und Filmmusik komponierten. Metzgers soziologische Perspektive auf Filmmusik, dass nämlich Musik mit ihren kalkulierbaren Codes eingesetzt wird, um eine gezielte Wirkung zu erreichen, ist heute zu selbstverständlich, als dass sie überraschen könnte. In Rötters abschließendem Kapitel zu Videoclips und Visualisierung von E-Musik hätte man sich eine stärkere Berücksichtung des Musikfilms (E-Musik) gewünscht, zumal auf diesem Gebiet mittlerweile interessante Produktionen neu zugänglich sind und neuere Publikationen vorliegen. In der vorliegenden Form wird sich dieses neue alte Handbuch als zuverlässiges, anregendes Arbeitsmittel bewähren.
Andreas Eichhorn