Howard Griffiths

Das fliegende Orchester

Ein musikalisches Märchen. Musik von Fabian Künzli, illustriert von Karin Hellert-Knappe

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Hug, Zürich
erschienen in: das Orchester 02/2018 , Seite 58

Sie sind schon ein eingespieltes Team – und grade deswegen offen für Neues und jede Menge Überraschung. „Die Hexe und der Maestro“ haben bereits im ersten, gleichna-migen Band mit Mut, Fantasie und Musik Grenzen überwunden und Klischees durchbrochen – und so auch in dieser Geschichte, in der das Orchester zur Walpurgisnacht eingeladen wird und der fiese Gnom aus dem Keller des Konzerthauses Hexenbesen für alle Instrumente anfertigen soll. Er tut dies allerdings nicht, ohne eine Gemeinheit in die Borsten zu knoten, und so landet die verwunderte Tourgesellschaft nicht auf dem Blocksberg, sondern an allen möglichen und unmöglichen Orten und Zeiten.
So trifft sie zuerst Tschaikowsky, der grade dabei ist, den Nussknacker zu dirigieren, dann Johann Sebastian Bach und Mozart, erlebt die Uraufführung von Wilhelm Tell und lernt Beethoven kennen. Als sie nach einigen weiteren Umwegen endlich etwas verspätet zur Walpurgisnacht ankommt, gibt es ein rauschendes Fest mit extra dafür einstudierter Musik und einem (zum ersten Mal in seinem Leben!) glücklichen Gnom, der sich der Zeitreisegesellschaft heimlich angeschlossen hatte.
Die Geschichte hat ein offenes Ende an dem Punkt, an dem sie am schönsten ist: noch vor dem Abschied. Und so erfahren wir nicht, was die Hexe, das Orchester und der Maestro auf der Rückreise erleben, und dürfen auf eine neue Geschichte gespannt sein.
Wie schon im ersten Band ist es auch hier neben der vielschichtigen Geschichte und den prägnanten, farbenfrohen Zeichnungen von Karin Hellert-Knappe die fantasieanregende Lesart von Martina Gedeck, die eigene Interpretationen der Geschichte möglich macht. Untermalt und bereichert wird die gedankliche Reise durch Musik von den in der Geschichte angetroffenen Komponisten und mehrheitlich derjenigen von Fabian Künzli. Dieser verbindet Alt und Neu perfekt und lässt die Zeitlosigkeit von Musik barrierefrei erlebbar werden. Howard Griffiths selbst dirigiert hier das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt.
Niederschwelligkeit und Lust am Endecken sind diesem Buch allgemein inne, gespickt mit Knowhow über Musik, Musikschaffende und Instrumente. So entsteht – mit zusätzlichen Informationen zu den Komponisten und den Noten der Ode an die Freude – ein Gesamtwerk, das zu lesen in jedem Alter Spaß macht und das Überraschungen und neue Informationen bereithält.
Abgerundet wird dieses Erlebnis von Weltoffenheit, Zusammenhalt und Neugier durch persönliche Statements aller am Buch Beteiligten, in denen noch einmal verbalisiert wird, was das gesamte Buch vermittelt: Musik kann Grenzen jeder Art überwinden und gemeinsames Erleben möglich machen. Und: Jede und Jeder kann daran mitwirken.
Judith Philippa Franke