Camille Saint-Saëns

Danse macabre

für Orchester op. 40, Partitur/ Streicher/Harmonie

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter
erschienen in: das Orchester 06/2020 , Seite 65

Bedingt durch das hohe Alter, welches dem französischen Komponisten Camille Saint-Saëns vergönnt war, erlebte er entscheidende Umbrüche in Gesellschaft, Technik und natürlich Musik. Geboren 1835 und damit auf Tuchfühlung zur Beethoven-Zeit durchlebte er die verschiedensten geschichtsprägenden Ereignisse im 19. und frühen 20. Jahrhundert wie den Untergang der französischen Monarchie und den Ersten Weltkrieg. Nicht minder bedeutende Ereignisse und Entwicklungen durfte Saint-Saëns auch in der Musikgeschichte erleben, darunter den in Deutschland herrschenden Parteienstreit zwischen Konservativen und Neudeutschen sowie den Impressionismus eines Claude Debussy als Vorläufer moderner Strömungen. Auch mit dem rasanten technischen Fortschritt ist der Name Saint-Saëns’ verknüpft – gilt er doch als einer der ersten Komponisten von Filmmusik. Die im Bärenreiter-Verlag erscheinende wissenschaftlich-kritische Gesamtausgabe der Instrumentalwerke Saint-Saëns’ (OEuvres instrumentales complètes) ist ohne Zweifel ein bemerkenswertes Denkmal für das so reichhaltige Schaffen des Meisters. Es handelt sich hierbei um ein noch recht junges Editionsprojekt, wenn man dies mit den schon seit vielen Jahrzehnten in Arbeit befindlichen Beethoven- und Haydn-Gesamtausgaben vergleicht. Angesiedelt am Institut für Musik und Musikwissenschaft der Technischen Universität Dortmund steht das Projekt unter der wissenschaftlichen Leitung des Saint-Saëns-Experten Michael Stegemann. Die vorliegende Einzelausgabe von Saint-Saëns’ sinfonischer Dichtung Danse macabre op. 40 basiert auf dem Band I/4 der OEuvres instrumentales complètes, herausgegeben von Hugh Macdonald. Dies garantiert, dass auch die Einzelausgabe dem aktuellen Stand der Forschung entspricht. Durch das Vorwort in englischer, französischer und deutscher Sprache erhält der Nutzer umfangreiche Einblicke in Werkgenese, Rezeption und in Saint-Saëns’ Umgang mit der Gattung. So verweist Macdonald auf Saint-Saëns’ Faszination für die sinfonischen Dichtungen Franz Liszts, die wichtige Inspirationsquellen für das eigene Schaffen auf dem Gebiet dieser Gattung darstellen. Ebenso thematisiert der Herausgeber Saint-Saëns’ Interesse an „mittelalterlichem Aberglauben“ als zentrale Idee des Danse macabre, den Rückgriff auf das gleichnamige Gedicht von Henri Cazalis, sowie die Deutung des Werks als Würdigung von Liszts Totentanz. Zu den Quellen und Editionsprinzipien finden sich im Vorwort einige knappe Hinweise. Für weiterführende Informationen bei editorischen oder quellenkritischen Fragen wird auf den entsprechenden Band der Gesamtausgabe verwiesen. Das großzügig gewählte Format der Dirigierpartitur kommt angesichts der recht großen Orchesterbesetzung der Musizierpraxis entgegen, da trotz der Vielzahl an Notensystemen eine durchweg gute Lesbarkeit des Notentextes gegeben ist. Neben der Dirigierpartiur ist auch das Aufführungsmaterial zu dem Werk erhältlich, sodass das Editionsprojekt neben der Forschung auch der künstlerischen Praxis gute Dienste erweist.
Bernd Wladika