Werke von Robert Hutchinson, Kevin McKee, Ayis Ioannides und anderen
Customised
Gewandhaus Brass Quintett
Um es gleich vorwegzunehmen: Künstlerisch hat mich diese CD begeistert. Es gibt nur einen Punkt, der mich stört. Ist es wirklich nötig, in Zeiten, in denen uns junge Menschen wöchentlich ermahnen, an die Umwelt zu denken, eine CD in einer Hartplastik-Hülle anzubieten? Nein, ist es nicht, denn was diese fantastischen Musiker auf dieser CD bieten, wäre auch in jeder anderen Verpackung ein Genuss. Vielleicht mag auch der derzeitige durch Corona begründete Mangel an schönen Klängen seinen Teil dazu beitragen, dass man von dem Zusammenspiel der fünf Blechbläser so gefangen wird. Bei den vielen YouTube-Videos von mit Kopfhörer spielenden Musikern, von denen man weiß, dass die einzelnen Stimmen separat eingespielt und anschließend zusammengeschnitten werden, tut es gut, ein Ensemble zu hören, das eindrucksvoll unter Beweis stellt, dass gemeinsames Musizieren viel mehr ist als nur gleichzeitiges Spiel.
Ausschließlich Originalwerke zeitgenössischer Komponisten sind auf dieser CD zu hören. Die fast durchwegs tonalen Stücke beweisen, dass es nicht notwendig ist, immer nur mit Effekten zu arbeiten, um Musik unserer Zeit zu schreiben. Vielmehr ist es eine Wohltat, wenn Instrumente auch gemäß ihrem Charakter verwendet werden. Darüber hinaus sind die Kompositionen durchwegs kunstvoll.
Robert Hutchinson (*1970) orientiert sich in seinem “Brass Quintett” an großen Meistern wie Bach, Beethoven und Strawinsky und bleibt daher auch in der Formgebung beim klassischen Schnell-langsam-schnell-Prinzip. Seine Musik groovt, was wohl nicht zuletzt an seinen kompositorischen Erfahrungen im Jazzbereich liegen mag. Der 1980 in Kalifornien geborene Kevin McKee beschreibt in seinem “Iron horse” Kindheitserlebnisse mit Dampflokomotiven. Auch er versteht es, mit kompositorischen Traditionen zu hantieren. So sind gleich mehrere hervorragend komponierte Fugen zu entdecken.
Die “Reminiszenzen” des 1943 geborenen Ayis Ionannides beziehen sich auf die zwei großen Komponisten Bach und Bruckner. So ist der wohl berühmteste Themenkopf B-A-C-H in verschiedenen kleinen Fugen verarbeitet. Darüber hinaus werden zahlreiche Zitate aus den Sinfonien Anton Bruckners gegenübergestellt und raffiniert verknüpft. Steffen Schleiermacher (*1960) hat in seinem 2018 geschriebenen Quintett “Zögernde Klangordnung” eine ganz andere Herangehensweise. Jedes Instrument tritt mit seinem ganz persönlichen Charakter hervor, erst zögernd wie der Titel des Werks verrät, dann immer ungezügelter, bis alles wieder zusammenbricht. Man kann es nicht treffender beschreiben als der Komponist selbst: „… zur seligmachenden Synthese kommt es nicht, bestenfalls zum Kompromiss.“ Das “Passionato in Modo di Jazz” des 1973 geborenen Jesse Milliner bildet den Abschluss. In dem kürzesten Werk dieser CD werden Jazz und klassische Kompositionsweisen ausdrucksstark verbunden.
Alles in allem kann man also dem Gewandhaus Brass Quintett zu dieser wirklich hörenswerten CD nur gratulieren.
Ulrich Haider